10.07.2018

Zwischen Lichtblick und Kabelsalat

Baustellenbesuch bei der Sanierung der Oper Köln

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Oper Köln im Juli 2017: Die Außensanierung ist weitestgehend fertiggestellt, die originale Betonsichtigkeit der Werkstatttürme wiederhergestellt. Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Die Kosten steigen um insgesamt 292 Millionen, der Zeitplan ist längst nicht mehr aktuell – und der Vorhang bleibt geschlossen. Dennoch besteht Hoffnung für die Bühnen Köln, dass die Sanierung des 1957 erbauten Opernhauses von Wilhelm Riphahn am Offenbachplatz voran kommt. Der seit 2016 amtierende Technische Leiter Bernd Streitberger führte die Teilnehmer der Exkursion des Fachbereichs Architektur der TU Kaiserslautern (fatuk) durch das Opernhaus und erläuterte den aktuellen Stand der Sanierung.
 
Von Michael Emser und Davide Valle
 
Eins ist klar: Reibungslos verlief die Sanierung der Oper am Offenbachplatz in Köln durch HPP Architekten bisher nicht. Nach Jahren der mangelhaften Instandsetzung begann alles mit einem Sanierungsgutachten im Jahr 2003. Die Betriebserlaubnis hing am seidenen Faden, deshalb lobten die Bühnen Köln einen Wettbewerb zum Neubau des Schauspielhauses und der Sanierung der Oper aus. Nach dem Einsturz des Stadtarchivs 2009 änderte sich die Situation. Der Stadtrat stimmte einem Bürgerbegehren zu, beauftragte Daberto+Kollegen mit einer Machbarkeitsstudie und anschließend HPP Architekten mit der Sanierung des Riphahnbaus und dem Neubau des Kleinen Hauses.

Im Sommer 2012 startete die Sanierung, und damit begannen auch die Probleme. Gravierende Planungsfehler kosteten Zeit und Geld. Der Konzern Imtech Deutschland, zuständig für Strom und Klimaanlage, meldete Insolvenz an. Die ursprünglich veranschlagten Kosten von 253 Millionen Euro stiegen bis heute auf circa 545 Millionen Euro. Der Eröffnungstermin wird sich bis mindestens Ende 2022 verzögern.

Das Riphahnensemble am Offenbachplatz steht symbolisch für den Wiederaufbau der Stadt Köln und die außergewöhnliche Theaterlandschaft Deutschlands. Mit rund 540 Quadratmetern Bühnenfläche ist die Oper eine der größten in der Bundesrepublik. Von außen betrachtet scheint die Sanierung der Oper so gut wie abgeschlossen, doch im Inneren hängen Kabel von den Decken und an vielen Stellen liegt die Technik frei.

Der Technische Leiter Bernd Streitberger führt durch die insgesamt vier Bühnen – Oper, Schauspielhaus, Kleines Haus, Kinderoper – und erklärt die Planungsfehler. Streitberger hat die Aufgabe, zusammen mit seinem 18-köpfigen Team sämtliche Mängel bei der Sanierung zu kartieren und das entstandene Chaos auf der Baustelle zu beseitigen. Eine sehr lange Liste mit offenen Problempunkten ist erstellt, sie muss jetzt abgearbeitet werden. Angesichts seiner Mammutaufgabe empfängt er uns erstaunlich gelassen zum Baustellenrundgang.

Die Herausforderungen liegen nicht nur in der Sanierung eines Altbaus, sondern auch in der Anpassung der technischen Anforderungen an ein zeitgemäßes Theater- und Opernhaus. Hinzu kommt, dass es keinen Generalunternehmer gibt, sondern alle Gewerke durch öffentliche Ausschreibungen an verschiedene Firmen vergeben wurden: 93 Gewerke an 63 Unternehmen. Circa 80 Millionen Euro wurden allein für die technische Gebäudeausrüstung ausgegeben, insgesamt fast 720 Kilometer Leitungen und Kabel verlegt. Dass das Planungsbüro hier scheiterte, tritt im zugestopften Labyrinth des Untergeschosses besonders deutlich zutage.
 
Ein Lichtblick hingegen ist die neue Kinderoper unter dem kleinen Offenbachplatz. Ein klassisches Kolonnadentheater, das laut Streitberger zu 100 Prozent aus der Feder von HPP stammt. Ein schmaler Durchgang öffnet sich zur „Goldenen Rotunde“. Hier ist ein Ende der Arbeiten absehbar: Die Kinderoper soll mit dem gesamten Ensemble Ende 2022 fertig gestellt sein.

Von der Kinderoper führt Streiberger in das Foyer der Oper. Wir steigen eine Treppe in Form einer gegenläufigen Doppelhelix hinauf. Der Fußboden im oberen Foyer ist bereits fertiggestellt, die Originalhandläufe an den Treppen und Garderoben sind angebracht. Das Foyer wurde in den Ursprungsfarben der 50er-Jahre restauriert.
 
Hörgenuss ist das Ziel der aufwendigen Sanierung des Opernsaals. Die dünnen Holzfurniere der Seitenwände wurden in einer Schreinerei durch ein spezielles Verfahren in Einzelteile zerlegt und „durchlöchert“ wieder miteinander verklebt und montiert. Die Bühnentechnik wird derzeit erneuert. Sie war zuvor vollständig händisch bewegt worden. Bis Ende 2018 sollen die Arbeiten an der Untermaschinerie fertiggestellt sein. Streitberger vermittelt den Eindruck, dass er Licht ins Dunkel der Opernsanierung bringen wird und sich der Vorhang tatsächlich 2022 wieder heben kann.


Zum Thema:

Der Beitrag entstand in Kooperation mit dem Fachbereich Architektur der Technischen Universität Kaiserslautern (fatuk). Im Rahmen einer Exkursion im Mai 2018, die von Peter Spitzley und Ulrike Weber geleitet wurde, besuchten die Studierenden Großbaustellen im Rhein-Main-Gebiet.