21.01.2019

Moderne auf Rädern

Van Bo Le-Mentzel über sein Mini-Bauhaus

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Wohnmaschine: Das Bauhaus Dessau im Maßstab 1:6 als „Tiny House“ Version auf einem PKW-Anhänger

Van Bo Le-Mentzel, bekannt für die Tinyhouses auf dem Gelände des Berliner Bauhaus-Archivs, hat zum Bauhausjubiläum eine Miniatur des Werkstattflügels des Dessauer Bauhaus-Gebäudes auf einen Transportanhänger gebaut. Das Projekt entstand im Rahmen der Reihe „Spinning Triangles“, die der Berliner Kunstraum Savvy Contemporary in Zusammenarbeit mit der Tinyhouse University, der Hochschule Anhalt, dem Goethe-Institut Kinshasa und Para Site Hongkong initiiert hat. Das Mini-Bauhaus steht momentan in Dessau, kommt im Laufe dieser Woche nach Berlin und soll später bis nach Kinshasa und Hongkong reisen.

Herr Van Bo Le-Mentzel, Sie nennen das begehbare Mini-Bauhaus „Wohnmaschine“. Was passiert darin?

Ich teste darin eine 15 Quadratmeter große Zweiraumwohnung mit Bad und Küche auf Alltagstauglichkeit. Das sogenannte „Wonderhome“. Dahinter steckt ein städtebauliches Konzept für neue Quartiersentwicklungen, wo bezahlbares Wohnen, Gemeinschaft, Stadt und Grün gemeinsam gedacht wird. Die Utopie nenne ich „Circular City“. Die Zweiraumwohnung soll monatlich maximal 300 Euro warm kosten.

Die Bilder werden fleißig in den sozialen Medien gepostet. Welche Botschaft wollen Sie in der Welt mit dem auffälligen Haus verbreiten?

Die Bauhausfassade benutzen wir wie eine Maske. Dahinter wird ungeschminkt über die rauen Themen der Stadt diskutiert: Wohnungsnot, Rassismus und enkeltaugliches Bauen.

Lassen Sie den Mini-Bauhaus-Anhänger wirklich um die Welt fahren, oder bauen Sie eine Kopie für Kinshasa und Hongkong? 

Wir prüfen gerade, ob das Verschiffen logistisch sauber von statten gehen kann. Falls die Ökobilanz zu schräg ausfällt, überlegen wir uns was anderes. Vielleicht arbeiten wir mit 3D-Druckern oder lassen nur die Fassade als Pappmodell wandern. Wichtig ist mir, die lokalen Akteure entscheiden zu lassen. Wir wollen nämlich nicht zuletzt auch die Normierungs- und Exportmentalität in Deutschland kritisch hinterfragen.

Wo ist Bauhaus für Sie persönlich?

Das Businessmodell Ikea verkörpert die radikale Umsetzung des Bauhauses. Die Wohnungsbauserie 70 von Wilfried Stallknecht ist das Bauhaus im Wohnungsbau. Blockchain wäre vermutlich das Bauhaus der Programmierwelt, das Grundeinkommen das Bauhaus der Finanzwelt und Foodsharing das Bauhaus der Lebensmittelindustrie. Für mich ist Bauhaus die kreative Reaktion der Gestalterinnen auf das Ende der Monarchie und den Beginn einer neuen Ära: Demokratie. Deshalb kann man das Bauhaus nicht wiederholen. Weil wir auf neue Umbrüche mit neuen Werkzeugen antworten müssen.

Gropius, Meyer oder Mies?

Mich beeindruckt das Marketinggeschick von Gropius, die politische Haltung Meyers und die Ästhetik von Mies. Als Gestalter bin ich natürlich unheilbar „miesifiziert“, auch wenn ich glaube, dass wir die Sachlichkeit nach 100 Jahren Bauhaus durchaus entmystifizieren dürfen und uns wieder öffnen sollten für alte Verbrechen. Für das Ornament zum Beispiel (lacht).



Die Fragen stellte Friederike Meyer.


Zum Thema:

Weitere Informationen zu den Standorten des Mini-Bauhauses und dem umfangreichen Begleitprogramm findet man unter dem Stichwort „Spinning Triangles“ auf: www.savvy-contemporary.com