09.04.2019

Politisches Barometer

Ines Weizman über das XIV. Internationale Bauhaus-Kolloquium in Weimar

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Ines Weizman ist Professorin für Architekturtheorie an der Bauhaus-Universität Weimar und organisiert das XIV. Internationale Bauhaus-Kolloquium. Foto: Danalka

Ab morgen, Mittwoch, 10. April findet das Internationale Bauhaus-Kolloquium in Weimar statt. Das Kolloquium hat eine lange Geschichte, die eng mit der Rehabilitierung der Schule in der DDR Mitte der 1970er-Jahre zusammenhängt. BauNetz sprach mit Ines Weizman, Professorin für Architekturtheorie an der Bauhaus-Universität Weimar, die die Konferenz bereits zum zweiten Mal leitet.

Frau Weizman, das ganze Jahr über finden unendlich viele Veranstaltungen zum Bauhaus statt. Warum sollte ich ausgerechnet nach Weimar zum Internationalen Bauhaus-Kolloquium kommen?

Sie haben recht, das XIV. Internationale Bauhaus-Kolloquium ist etwas für Kenner der Bauhausgeschichte. Die Rezeptionsgeschichte ist dabei genauso interessant wie die Geschichte des Bauhauses selbst. Bis Anfang der 60er Jahre was das Thema in der DDR und in den sozialistischen Ländern weitestgehend ein Tabu. Und übrigens auch im Westen war es in der Nachkriegszeit kein wirklich etabliertes Forschungsthema. Gerade weil die Schule sich nach 1933 in alle Welt verstreut hatte und man sich für eine tiefergehende Forschung nicht nur über die Grenzen des Kalten Krieges, sondern auch durch das verminte Dickicht der jeweiligen Ideologien, die die Moderne unterschiedlich interpretierten, bewegen musste, war die Bauhausforschung eine recht komplizierte Angelegenheit. Als 1976, die Hochschule für Architektur und Bauwesen – die Vorgängerinstitution der Bauhaus-Universität – zu einem internationalen Bauhaus-Kolloquium nach Weimar einlud, war es international das einzige Forum zum Bauhaus. Auch wenn die ideologischen Fronten nicht sofort gefallen waren, wurden die Konferenzen, die in Abständen von zwei bis vier Jahren stattfanden, zu einem wichtigen Forum des Austauschs. Wer sich diese Woche die Mühe macht, um an diesem Kolloquium teilzunehmen, wird etwas von der Eigenheit dieser Konferenzserie miterleben können und internationale Experten auf dem Gebiet der Bauhaus und Moderneforschung kennenlernen. Das wird für Architekt*innen und Historiker*innen ebenso spannend sein, wie für ein allgemein interessiertes Publikum.

Das Bauhaus-Kolloquium hat eine lange Geschichte, die eng mit der Rehabilitierung der Schule in der DDR zusammenhängt. Wie haben sich Themen und Fragestellungen seit 1976 entwickelt?
Die Geschichte des Kolloquiums gleicht einer Art Barometer in einer sich verändernden politischen Landschaft. Unser Webarchiv zeigt die Geschichte der Kolloquien. Die Webseite, die ich gemeinsam mit dem Grafiker Moritz Ebeling erarbeiten konnte, zeigt Archivdokumente, Filme, Fotografien und Anekdoten einiger Teilnehmer. Sie geht auf eine Ausstellung anlässlich des Bauhaus-Kolloquium 2016 „Dust&Data“ zurück. Gemeinsam mit Norbert Korrek, der ein Experte zur Hochschulgeschichte an unserer Universität ist, der Leiterin des Archivs der Moderne Christiane Wolf, dem Centre for Documentary Architecture CDA und Studierenden haben wir mit der Ausstellung die 40-jähige Geschichte der Konferenz präsentiert. Die Ausstellung zeigte die organisatorische und inhaltliche Abstimmung der Bauhaus-Kolloquien in Weimar mit der Rekonstruktion des Bauhausgebäudes in Dessau 1976. Vielleicht weniger bekannt ist ja, dass diese Rekonstruktion eine Initiative war, die ganz wesentlich an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar vorbereitet und begleitet wurde. Die Wiedereröffnung des Bauhausgebäudes in Dessau und die damit verbundene Einladung internationaler Gäste aus Ost und West markierte einen wichtigen Moment in der Bauhausrezeption der DDR. Jedes dieser Treffen in Weimar testete, was unter den damaligen politischen Verhältnissen gesagt werden durfte.

Sie betreuen einen von vier Konferenzthemenblöcken und haben dafür das Gründungsjahr des Bauhauses 1919 ausgesucht. Warum?
Mich fasziniert die Beziehung zwischen Ereignis- und Strukturgeschichte. Wir haben ja eben über die Rezeptionsgeschichte gesprochen, die auch eine gewisse historische Distanz verlangt, um die Veränderungen unseres Interesses am Bauhaus zu erkennen. Dieser regelrechte Jubel zum 100. Jubiläum markiert auch einen ganz besonderen Moment in der Staatsräson und der Kulturpolitik des wiedervereinten Deutschlands und hat nicht nur den Anspruch, das Bauhaus zum Exportartikel zu machen, sondern auch die verzwickte ideologisch konnotierte Geschichte tiefgreifend aufzuarbeiten. Außerdem interessiert mich, dass wir uns noch einmal das Jahr 1919 vergegenwärtigen. In diesem Jahr sehen wir Deutschland nicht nur von revolutionären Unruhen bestimmt, sondern auch beteiligt an den Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges, die eine durch die europäischen Kolonialmächte erwirkte, monströse territoriale Neuplanung nach sich zog. Wir werden dieses historische Panorama von 1919 durch vier Referentinnen erkunden, deren Vorträge an diesem historischen Punkt eine Überschneidung suchen werden.

Am Abend des 11. April gibt es eine Vorschau des Films „The New Bauhaus. How László Moholy-Nagy Brought a Movement to Chicago“. Was wird man schon sehen können?   
Ich freue mich sehr auf Einblicke in diesen Film und die Einführung des Produzenten Marquise Stillwell. Es wird ein Dokumentarfilm, der sich mit Moholy-Nagy und seiner Arbeit als Director des New Bauhaus in Chicago beschäftigt. Ich habe die Filmcrew in den USA kennengelernt, sie hat auch in Weimar recherchiert und gefilmt.

Gropius, Meyer oder Mies?
Als Historikerin widme ich mich allen drei Direktoren unvoreingenommen. Es ist für Gropius-Forscher ein Genuss, dass sein Archiv zu großen Teilen digital zugänglich ist. Mies hat ja teilweise sein Archiv und die Dokumentation seiner Werke überarbeitet, um sie in einer eigentlich nie realisierten Form zu überliefern. Und Hannes Meyer wurde ja gerade erst eine wirklich großartige Publikation und Forschungsarbeit gewidmet. Aber ich bin sicher, dass noch mehr Dokumente dieser drei Direktoren auftauchen werden, durch die sich weitere Zusammenhänge erschließen lassen.

Die Fragen stellte Gregor Harbusch.


Termin: Eröffnung mit Keynote von Stephen Kern am 10. April 2019 ab 17 Uhr; Konferenz am 11. und 12. April 2019 jeweils ab 9 Uhr
Ort:
Bauhaus-Universität Weimar, Universitätsbibliothek und Foyer, Steubenstraße 6, 99423 Weimar

Die Online-Registrierung zur Konferenz ist geschlossen. Restplätze für spontane Besucher, die sich einfach vor Ort melden können, sind jedoch noch vorhanden. Das 2-Tages-Ticket kostet 220 €, das Tagesticket 180 €. Für Mitglieder der Architektenkammer Thüringen wird ein vergünstigtes 2-Tages-Ticket für 150 € angeboten. Die Eröffnung am Abend des 10. Aprils ist offen für Besitzer eines Tages- oder eines 2-Tages-Tickets.