Kein Zigarre qualmender Prix im fiesen weißen Sakko mehr, sondern eine jüngere Wiener Architektin (und Professorin an der UdK Berlin): Das ist das personelle Signal der Österreicher für Venedig 2008. Und die Inhalte dazu wurden heute morgen in Wien bekannt gegeben: „Before Architecture – Vor der Architektur“ lautet demnach der Titel des diesjährigen österreichischen Biennale-Beitrags.
Worum geht es? Hauptanliegen der Kommissarin des Beitrags, Bettina Götz vom Wiener Büro Artec, ist der Brückenschlag zwischen dem gleichzeitig drängendstem, aus dem Architekturdiskurs jedoch gern verdrängtem Thema „sozialer Wohnungsbau“ und zwei ungewöhlichen konzeptionellen Ansätzen dazu: dem Regelwerk und Œuvre des Innsbrucker Architekten und Hochschullehrers Josef Lackner (1931-2000) sowie den programatischen Konzepten von Pauhof Architekten.
Von Lackner werden fünf beispielhafte Projekte vom Konzept bis zum Gebäude vorgestellt, darunter die Ursulinenschule in Innsbruck. – Pauhof Architekten gelten als intellektuelle Vordenker der aktuellen Architektengeneration. Welche ihrer Arbeiten sie auf der Biennale zeigen werden, ist heute jedoch noch nicht bekannt.
Die Kuratorin wünscht sich durch die Verknüpfung und Nebeneinanderstellung dreier „Außenseiterpositionen“ (zum Thema Wohnbau wurde der Berliner Stadtsoziologe Werner Sewing geladen) ein intensiveres Nachdenken (bzw. „Vordenken“) über scheinbar banale Bauaufgaben. Dabei stellen die abstrakten Konzepte Lackners, aus denen er sehr flexible Architekturstrukturen entwickelte, gewissermaßen das Bindeglied dar zwischen den theoretischen und den Wettbewerbs-Arbeiten von Pauhof Architekten sowie dem besonders in Wien boomenden öffentlich geförderten Wohnungsbau, dessen Qualitäten allerdings stark hinter denen der innerstädtischen Gründerzeitbebauung zurückbleiben.
Dies müsste nicht so sein, sagt Götz, die im Wohnungsbau das wichtigste Betätigungsfeld für österreichische Architekten der kommenden Jahre sieht. Dessen städtebauliche Dimensionen werden allerdings immer noch unterschätzt bzw. zu wenig berücksichtigt: „Wohnbau als Anlass“ heißt daher auch der Titel der von Werner Sewing konzipierten Sektion, in der er sieben Architekten zu neuen Aufgaben des Wohnungsbaus zu Wort kommen lässt: zu neuen Lebensstilen und Milieus, der Alterung der Gesellschaft, der „Renaissance der Städte“ – bei ihrer gleichzeitigen „Schrumpfung“ – und einem neuen Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit. Ergänzend findet vom 3. bis 4. Oktober 2008 im österreichischen Pavillon in Venedig eine international besetzte Konferenz zum Thema Wohnbau statt.
Zum Thema:
www.labiennale.at
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hulzi | 27.03.2008 13:34 Uhrberliner und wiener gschichten
auch wenn beitrag 3 etwas derb wienerisch artikuliert ist, hat er doch recht.
zufällig kenn ich den michael hofstätter von pauhof ein bisserl und ich denke die architekturszene könnte mehr von solchen "wirrköpfen" gebrauchen.
es macht ja das gerücht die runde, dass er früher seine arbeit im kaffeehaus gemacht hat, weil das billiger war als die eigene wohnung zu heizen.....
jedenfalls respekt vor einer haltung die sich kompromisslos jeglicher kommerzialisierung des architekturgeschehens wiedersetzt und das seit fast jahrzehnten...
chapeau, pauhof!
adios, kollhoff!