Wer derzeit in Kunst macht, der muss auch temporäre Gebäude aufstellen. Seit die Serpentine Gallery in London im Jahr 2000 anfing, sich jedes Jahr von einem Star-Architekten (u.a. Koolhaas, Hadid, Ito, Libeskind, Niemeyer) einen Sommerpavillon vors Haus stellen zu lassen und damit maximales öffentliches und mediales Interesse wecken konnte (u.a. vom BauNetz) grassiert das Fieber der temporären Architektur an allen Ecken der Welt.
Am Wochenende erreichte uns aus Kivik im malerischen Südschweden die Nachricht, dass der vom englischen Künstler Antony Gormley zusammen mit David Chipperfield entworfene neue „Pavillon“ für das Kivik Arts Center eröffnet wurde. Es handelt sich dabei allerdings weniger um einen Pavillon im engeren Sinne als vielmehr um einen skulpturalen Aussichtsturm, den Künstler und Architekt ausschließlich aus Beton aufschichten ließen. Die Figur ergibt sich aus der Kombination dreier gleich grosser Raumvolumen, die wie ineinander gesteckt wirken: „Die Höhle“, „die Bühne“ und „der Turm“ umfassen jeweils exakt 100 Kubikmeter Rauminhalt. Die drei Figuren sollen dem Besucher drei gänzlich unterschiedliche Erfahrungen mit der umgebenden Landschaft anbieten: die Höhle im Gebäudesockel soll das Gefühl vermitteln „in einem dunklen Wald zu sitzen“, etwas höher vermittelt die (erstaunlich geländerlose) „Bühne“ das Gefühl, Ausschau zu halten und gleichzeitig der Natur ausgesetzt zu sein, während die Turmspitze dem Besucher in 18 Metern Höhe und somit über den Baumspitzen die grandiose Aussicht auf die Ostsee schenkt. Gormley erläutert: „Ich sehe die Arbeit als ein Nachdenken über Skulptur und Architektur und ihre jeweilige Beziehung zu Licht, Masse und Raum. Dabei haben wir das Material gewählt, das am meisten mit Moderne assoziiert wird: Beton.“ Der Pavillon ist vom 19. Juli bis 28. September 2008 zugänglich.
Nur einen Tag später wurde vor der Serpentine Gallery die Eröffnung des neuen, von Frank O. Gehry mit Arup Engineers entworfenen Pavillons gefeiert (siehe auch Baunetz-Meldung vom 25. März 2008). Den beiden Direktoren der Galerie, Julia Peyton-Jones und Hans-Ulrich Obrist, ist es inzwischen besonders wichtig zu betonen, dass ihre Pavillon-Serie weltweit die ambitionierteste sei. „Es ist ein aufregender Moment für London“, lassen sie gemeinsam erklären. „Frank Gehrys visionärer Pavillon ist bemerkenswert und wird der Stadt für den Sommer eine neue landmark bescheren.“ Der Pavillon besteht im Prinzip aus vier Stahlstützen, auf denen eine Holzstruktur – ähnlich wie bei einem Stufenbarren – aufliegt. Von dieser hängen unterschiedlich schräg gestellt Glaspaneele, die dem Raum darunter Dynamik und Dramatik verleihen sollen. Noch besser: Als „faszinierende Inspirationsquellen“ werden unter anderem die Katapultentwürfe von Leonardo da Vinci angegeben. Bemerkenswert wäre dann vielleicht noch, dass Frank hier erstmals mit seinem Sohn Samuel Gehry zusammenarbeitete.
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