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22.10.1999

„Sehnsuchtsvoller Mutwillen“

Richtfest beim Kanzleramt in Berlin (mit Kommentar der Redaktion)


Am Vormittag des 22. Oktober 1999 wurde auf der Baustelle des neuen Bundeskanzleramtes im Berliner Bezirk Tiergarten Richtfest gefeiert. Damit ist das neben dem Reichstagsgebäude wohl wichtigste und repräsentativste Bauvorhaben der bundesdeutschen Politik in den Schlußspurt seiner Fertigstellung eingetreten. Mit dem Bezug des Baus, der 19.000 Quadratmeter Nutzfläche aufweist, wird für April 2001 gerechnet - zweieinhalb Jahre später, als ursprünglich geplant.
Bundeskanzler Gerhard Schröder fand in einer kurzen Ansprache lobende Worte über sein zukünftiges Domizil, dessen Planungen noch durch seinen Amtsvorgänger Helmut Kohl begleitet worden waren. Schröder nannte den Bau „mutig und herausfordernd“. Er sei keineswegs Ausdruck „neudeutscher Großmannssucht“. Damit spielte der Kanzler offenbar auf die in einigen Berliner Lokalblättern geschürte kritische Diskussion über Größe, „Schönheit“ und Anspruch des Baus an.
Architekt Axel Schultes, dessen Entwurf nach einem Wettbewerb mit zwei ersten Preisen ausgewählt worden war, brillierte beim Richtfest mit einer gewohnt geschliffenen, anspielungsreichen Rede. Der Bau stelle mit seinem „sehnsuchtsvollen Mutwillen“ große Ansprüche an die „Staatsathleten“, die es nutzen werden. Diese dürften das „Neue, Fremde“ dieser Architektur nicht mit dem „Pompösen“ verwechseln, das „selbstverständlich Großzügige“ nicht mit „wilhelminischen Scheppern“.
Immer wieder forderte Schultes an diesem Tag, das „Forum des Bundes“ nun endlich ebenfalls zu bauen, da nur so die seiner Planung zugrundeliegende städtebauliche Idee des „Bandes des Bundes“ nachvollziehbar würde. Das Forum würde die bislang solitären Abgeordnetenbüros (früher: Alsenblöcke) von Stefan Braunfels mit dem Kanzleramt verbinden. Für den Bau des Forums sind gegenwärtig keine Haushaltsmittel eingeplant.

Überschattet wurde das Richtfest von der Diskussion über Mehrkosten des Baus, die durch ein internes Papier des Bundesrechnungshofs in den vorausgegangenen Tagen in die Öffentlichkeit getragen worden war. Nach gegenwärtigen Zahlen wird mit Gesamt-Brutto-Baukosten von mindestens 465 Millionen Mark zu rechnen sein. Nach Angaben des Rechnungshofs seien unter anderem das Architekturbüro Schultes und Frank, die Ingenieure, die Baufirmen sowie bautechnische Probleme für die Kostensteigerungen verantwortlich. Die Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB), die als Bauherrenvertreter auftritt, räumte ein, Kompromisse bei der Genehmigung von Änderungswünschen gemacht zu haben und wies darauf hin, daß viele Änderungen direkt aus dem alten Kanzleramt unter Helmut Kohl gekommen seien. Axel Schultes gab an, daß eine Summe von ca. 450 Millionen Mark für ihn von Anfang an festgestanden hätte. Diese notwendige Summe sei aber - außerhalb seiner Verantwortung - in der Vergangenheit absichtsvoll niedriger angegeben worden, um die Zustimmung des Haushaltsausschusses zu den Bauplänen nicht zu gefährden.

Ein Blick auf das Dach des Leitungsgebäudes ist als Zoom-Bild hinterlegt (Quelle: BBB / Monika Fielitz).

Lesen Sie hierzu einen aktuellen Kommentar der BauNetz-Redaktion.


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