Rotterdam ist in diesem Jahr Architekturhauptstadt der Welt. Das bedrohte kulturelle Kleinod, das die BauNetz-Redaktion am 4. Juni 2007 entdeckte, hat zwar mit der niederländischen Hafenstadt nichts gemein außer dem Namen, es muss sich aber in bezug Name-Dropping auch nicht hinter der Rotterdam-Biennale (siehe BAUNETZWOCHE#31 ) verstecken.
Die Rede ist von der wohl berühmtesten Musikkneipe Irlands, der „Rotterdam Bar“ in den Belfaster Docklands, die akut vom Abriss bedroht ist.
1797 als Verwahrungsort für zu deportierende Strafgefangene benutzt, überlebte die Kneipe 1798 die Rebellion der „United Irishmen“, zwei Weltkriege und die letztlich Bomben und Geschosse des Nordirland-Konflikts. Was Kriege und Konflikte in mehr als zweihundert Jahren nicht geschafft haben, wollen nun lokale Geschäftemacher binnen kurzer Zeit erreichen. Sie wollen die „Rotterdam Bar“ schnell abreißen und hier Appartments bauen, denn die Grundstückspreise steigen. Eine Bürgerinitiative versucht dennoch, die Bar unter den Schutz des „National Trust“, einer Art Denkmalbehörde, zu stellen.
Großartige Architektur sucht man hier vielleicht vergeblich, doch stadtgeschichtlich ist das Rotterdam bedeutsam. Einige internationale Rock-Größen haben im „Rotterdam“ ihre Karrieren begonnen: Bob Dylan hat in frühen Jahren hier gespielt, Van Morrison hat hier seinen musikalischen Mentor Brian Kennedy kennengelernt, und in Irland sehr bekannte traditionelle Musiker wie Luka Bloom und Christy Moore haben hier regelmäßig die Bühne bestiegen. Nicht zuletzt der verstorbene Ian Dury hat im „Rotterdam“ sein allerletztes Konzert gegeben.
Bis vor wenigen Wochen vor der plötzlichen Schließung fanden hier Konzerte statt. Die Musiker sagen, dass die Kneipe zum Leben vieler Belfaster gehört und sind empört, dass Stadtgeschichte so mir nichts, dir nichts zerstört werden soll.
Die Befürworter des Erhalts hoffen, dass „jemand mit Connections und Liebe für Belfast das ‚Rotterdam‘ kauft und wiedereröffnet.“ Denn es steht noch immer auf der Tourismus-Website von Belfast als ein Ort, den man gesehen haben muss. Besonders beliebt ist es bei Übersee-Touristen mit irischen Wurzeln, die mit Kreuzfahrtschiffen in den Belfast Docklands anlegen.
Die Baunetz-Redaktion wünscht sich, dass sich einer der berühmten zeitgenössischen Rotterdamer Architekten, auch wenn er vielleicht kein Fan von Van Morrison und Co. ist, seiner Jugend erinnert und mit der Rettung der „Rotterdam-Bar“ zur Abwechslung mal wieder ein XS-Projekt in Angriff nimmt.