- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
10.06.2003
Wahrnehmungsinstrument
Prada-Shop von Herzog & de Meuron in Tokio eröffnet
Am 7. Juni 2003 wurde im Tokioter Stadtteil Aoyama der neue Einkaufsturm des Mode-Labels Prada eröffnet. Der Shop ist das zweite sogenannte „Epicenter“, den der Konzern seit der Einweihung von Rem Koolhaas' Prada Broadway Store in New York errichtet hat. In den nächsten Jahren sind zwei weitere solche Center in Los Angeles (OMA) und San Francisco (ebenfalls OMA) geplant.
Im Gegensatz zu Koolhaas' Understatement-Architektur präsentiert sich der vom Basler Avantgarde-Büro Herzog & de Meuron entworfene sechsgeschossige Shop als von einer kleinmaschigen Rautenstruktur umhüllter Glasblock. Diese Struktur, in der ungleichmäßig dicke Glasscheiben eingelassen sind, dient neben einem schlanken inneren Kern und drei horizontalen Röhren als Tragwerk des gesamten Gebäudes.
Die Form des als Großskulptur entwickelten Gebäudes (so gibt es beispielsweise kein abschließendes Dach, die Fassade zieht sich vielmehr auch über die „fünfte Wand“ des Hauses) wurde aus den vorgegebenen Grenzlinien abgeleitet und führte zu einem Gebäude, das der Betrachter sowohl als „prototypisches Haus“ (Prada) als auch abstrakten Kristall lesen kann. Es lässt einen deutlichen Abstand zur Nachbarbebauung, löst sich damit aus der umgebenden Struktur und schafft zusätzlich eine kleine öffentliche Plaza nach europäischem Vorbild.
Nachdem man den Shop durch eine winzige Öffnung in der Fassade betreten hat, erschließt sich das Innere des Turms als 2.800 Quadratmeter großes Raumkontinuum, das sich spiralförmig über sechs Ebenen ausbreitet. Horizontale Röhren sind wie Fernrohre in das Gebäude integriert und erfüllen eine doppelte Funktion als Tragelemente und „Sehkorridore“, die unterschiedliche Blicke auf die Umgebung fokussieren. Das ganze Haus versteht sich als „Wahrnehmungsinstrument“ (Prada). Anstatt eines Farbkonzepts entschied man sich dafür, die weiß gehaltenen Flächen der Röhren mit Lichtprojektionen zu bespielen.
Alle sichtbaren Elemente des Gebäudes - bis auf das Glas - dienen den drei Funktionen Tragstruktur, Raum und Fassade. Die Einrichtung und Ausstattung des Shops wurde vom Tisch bis zum Lichtschalter von Herzog & de Meuron selbst entworfen, an Experimentierfreudigkeit fehlte es hier nicht. So entwickeltelten sie als Informationsträger dienende Schnorchel, die Bilder, Töne und Licht transportieren und einzelne Bereiche des Gebäudes individuell bespielen, zum Beispiel als „Klangduschen“ in den Korridoren.
Cordula Vielhauer
Kommentare:
Meldung kommentieren