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25.10.2006

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Yankee-Vanke

Holl baut Stelzenhaus in Shenzhen – mit Kommentar


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Das New Yorker Büro Steven Holl Architects hat einen eingeladenen Wettbewerb für einen ‚schwimmenden Wolkenkratzer‘ in Shenzhen, China, gewonnen. Das meldet archinect.com am 23. Oktober 2006.

Das ‚Vanke Center‘, ein angeblich nachhaltiger Mischnutzungskomplex, soll in unmittelbarer Nähe der Küste des Südchinesischen Meeres entstehen. Holls Entwurf wurde aus einer kleinen Liste bekannter Büros wie MVRDV und HAE (China) ausgewählt.

Mit dem Bau des ‚Vanke (sprich: Wänkie) Center‘ auf einem 60.000 Quadratmeter großen Grundstück soll im April 2007 begonnen werden. Das Megagebäude, als ‚schwimmender Wolkenkratzer‘ bezeichnet, wird ein Konferenzzentrum, ein Hotel, betreute Wohnungen und den Firmensitz der China Vanke Co. Ltd. beinhalten, die als große Entwicklungsgesellschaft auch Namensgeber des Baus ist.

Statt eine Reihe von Gebäuden für die verschiedenen Nutzungen zu entwerfen, bringt Holls Entwurf alles in einem einzigen aufgestelzten Bau unter, der sich an den Höhenlinien des Geländes entlang schlängelt und im Grundriss an grobes Astwerk erinnert. Während sich die Hauptfunktionen im ‚Astwerk‘ abspielen werden, sollen die unteren Geschosse der Stelzenbaukörper die Infrastruktur für den täglichen Bedarf der Bewohner und Nutzer vorhalten.

Das ‚Vanke Center‘ beinhaltet auch einige ökologische Features: Durch das Aufstelzen ergibt sich unterhalb des ‚Astwerks‘ eine durchgehende schattenspendende Zone, die winddurchlässig bleibt – was in China, unter Feng-Shui-Gesichtspunkten betrachtet, ernst genommen wird. Es sollen auch geothermisch gekühlte Wasserflächen unterhalb der Gebäude angeordnet werden, die ein eigenes Mikroklima in den Schattenzonen schaffen. Bewegliche Fassaden-Screens aus besonderen Kompositmaterialien sollen die inneren Fassadengläser vor starker Sonneneinstrahlung und Taifunen schützen. Solarenergienutzung und geothermische Gebäudekühlung sind desweiteren auf der Liste der Maßnahmen zu finden.

Kommentar der Redaktion:

Dass der Entwurf eines waagerechten, sehr langgestreckten Gebäudes von Holl euphemistisch zum ‚schwimmenden Wolkenkratzer‘ verklärt wird, wirkt überraschend – auch wenn die Bezeichnung des Architekturwettbewerbs die Möglichkeit eines schwimmenden Wolkenkratzers suggerieren möchte. Wer als internationaler Architekt einen Großauftrag will, muss mit dem Strom schwimmen – und zugleich ein Image pflegen, das das Gegenteil behauptet.
Eine Ikone der New Yorker Skyline, das Empire State Building, als Messlatte und Rechtfertigung einer Un-Typologie zu missbrauchen, erscheint an den Haaren herbeigezogen. Ebenso ungerechtfertigt könnte man das ‚Vanke Center‘ auch als aufgestelzte, chinesische Mauer bezeichnen!
Es scheint, dass die PR während der Projektphase inzwischen wichtiger als die Architektur selbst geworden ist. Der Bilbao-Effekt lässt schön grüßen.
Es fällt auf, dass der internationale (westliche) Architekturzirkus schon seit Jahren immer dümmlichere Kunstbegriffe erfindet, um eine ratlose, nicht sehr fortschrittliche und globalisierte Architektur zu ‚hypen‘ – die auf dem besten Wege ist, die kulturelle Vielfalt weltweit zu zerstören. Maximalprofitorientierte Projektentwickler und globale Immobilienfonds haben viele Architekten, die früher einmal gut waren, zu Marionetten gemacht.
Möglich, dass Holls Shenzhen-Lindwurm mit seinen elendig langen Erschließungswegen im gebauten Zustand doch noch besser wird als die PR-Kampagne vermuten lässt. Momentan kann man eher den Eindruck einer aufgeständerten ‚Gated Community‘ gewinnen, die sich schon mal auf steigende Meerespegel im südchinesischen Meer einstellt: Ob dieser Megariegel tatsächlich schimmen kann, muss sich dann beweisen.

Till Wöhler


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

1

Patrick Bruhn | 02.12.2006 22:49 Uhr

satt

Ich habe diese pauschale Lästerei über profitorientierte und geldgierige Investoren satt... Erstens ist gute Architektur unabhängig vom Geld, zweitens kann sie nicht ohne Geld gemacht werden... Um auch nur ein Einfamilienhaus zu bauen, müssen hundertausende Euro in die Hand genommen... könnten Sie, Herr Wöhler, morgen aus eigener Tasche eines zahlen? Oder vielleicht einen Schwimmenden Wolkenkratzer? Man muss sich halt auch mit den Investoren auseinendersetzen, um große Architektur zu machen. Das heisst noch lange nicht, sich zu beugen, aber das heisst auf jeden Fall Geben und Nehmen.

 
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