Die denkmalgrechte Sanierung des Haus Heusgen in Krefeld ist am 1. September 2002 abgeschlossen worden. Auch über die Urheberschaft besteht nun kein Zweifel mehr: Das denkmalgeschütze Gebäude am Talring 153 wurde 1932 von Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) entworfen und geplant, so die Einschätzung des Direktors des Berliner Bauhaus-Archivs, Christian Wolsdorff, und des Berliner Architekturhistorikers Jan Marun. Neben dem Haus Lange, dem Haus Esters und dem Verseidag-Gebäude sind also nun vier Mies-van-der-Rohe-Häuser in Krefeld bekannt.
Aufgrund der rigiden Veröffentlichungspolitik des Architekten und der Tatsache, dass eine Bauurkunde, die die Urheberschaft hätte belegen können, nicht mehr vorhanden ist, findet das Haus Heusgen in keiner einschlägigen Mies-Veröffentlichung Erwähnung. Obwohl es zu den exzeptionellen Gebäuden der klassischen Moderne gehört, wurde das Haus so aus der Architekturgeschichte verdrängt.
Die Wiederentdeckung des Werkes und seine denkmalgerechte Restaurierung ist dem Krefelder Architekten Karl Amendt zu verdanken. Amendt hatte das denkmalgeschütze Haus 1999 erworben und zur privaten Nutzung restauriert.
Mies van der Rohe hatte das Haus für die Familie des Seiden- und Krawattenfabrikanten Karl Heusgen geplant. Das Haus blieb bis zum Tode des Sohnes Manfred Heusgen 1999 im Besitz der Familie. Der zweigeschossige Bau in Hanglage ist in Stahlskelettbauweise konstruiert. Die dadurch ermöglichte freie Grundrissgestaltung nutzt der Architekt, um ein Gefüge von ineinander übergehenden Raumzonen im Wohnbereich zu entwickeln. Raumhohe Türen und die unterschiedliche Gestaltung der Fassaden mit ihren zum Teil in die Landschaft verlängerten Wandscheiben verstärken den Eindruck dieses Raumkontinuums.
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Christiane Lange | 22.01.2014 19:24 UhrHaus Heusgen
Eine genaue Analyse von Haus Heusgen sowie der wenigen erhaltenen Pläne zum Bau zeigt, dass er zwar die Sprache Mies van der Rohes zitiert aber eben so viele Ungereimtheiten aufweist, (zum Beispiel die hölzerne Wandverkleidung - Mies arbeitet ausschließlich mit reinen Materialwänden) die Mies 1931 - er war auf dem Höhepunkt seiner europäischen künstlerischen Entwicklung- nicht zugelassen hätte.
Die Nähe des Entwurfsstil zu Mies ist aber kein Zufall: Willy Kaiser, der gemeinsam mit Rudolf Wettstein als Architekt auf der Bautafel von Haus Heusgen genannt wird, war von ca. 1929 - 1931 mehrmals für Mies tätig. Als junger Schreiner mit künstlerischen Ambitionen ging er 1929 von Köln nach Berlin um bei einem der großen Architekten zu arbeiten. Kurzfristig wurde er von Mies für dessen aktuelle Aufträge in Barcelona engagiert (Industrieausstellungen und Reichspavillon der Weltausstellung 1929). Kaiser hatte sich bei ihm mit einer Rolle Zeichnungen unter dem Arm vorgestellt. Mies suchte gerade Leute, Kaiser Kompetenz auf dem Gebiet des Holzbaus konnte er gut brauchen.
Kaiser betreute in Barcelona die Realisierung der "Deutschen Seide" und zeichnet gelegentlich auch Details des Reichspavillons. Im Anschluss war er eine Art künstlerischer Bauleiter bei der Fertigstellung der Häuser Lange / Esters 1929/30 in Krefeld, war bei Berliner Wohnungsprojekten von Mies (Wohnung Hess) sowie dem Erweiterungsbau von Haus Henke in Essen beschäftigt. 1932 ging Kaiser für ein halbes Jahr nach Göteborg zu der Architektin Ingrid Walberg. Später übernahm er die väterliche Schreinerei und arbeitete gleichzeitig als Architekt in Köln.
Es ist zur Zeit mangels Quellen nicht zu klären ob Kaiser sich bei seinem ehemaligen "Chef" Rat holte für die Planung von Haus Heusgen, ob Mies jemals über die Entwürfe geschaut hat.
Möglich gewesen wäre es denn Mies war 1931 wegen der Fertigstellung des Industriebaus für die Verseidag mehrfach in Krefeld. Nach Aussagen von Kaiser war sein Verhältnis zu Mies sehr gut. Sie verband der rheinische Humor wie er später in einem Interview schildert.
Ob Mies das Ergebnis gefallen hätte ist eine andere Frage.
Auch der Name Wettstein taucht im Kontext von Haus Lange / Esters und Willy Kaiser im Nachlass Mies van der Rohes (MoMA, NY) auf aber ohne nähere Hinweise auf die Art seiner Tätigkeit für das Büro von Mies.
Pläne, Fotos und eine erst Analyse zu Haus Heusgen (einschließlich einer Abschreibung) im letzten Kapitel meiner Publikation:. Ludwig Mies van der Rohe. Architektur für die Seidenindustrie. Berlin 2011.