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16.03.2006
Moderne essen Moderne auf
Geschäftszentrum von Ando in Tokio fertig gestellt - mit Kommentar
An Tokios berühmtester Einkaufsstraße neben der Ginza, der Omotesando im Bezirk Aoyama, wurde ein großes neues Einkaufs- und Wohnzentrum von Tadao Ando eingeweiht. Das meldet die Neue Zürcher Zeitung am 16. März 2006.
Das „Omotesando-Hills“ genannte Gebäude ist 34.000 Quadratmeter groß und liegt auf einem dreieckigen Grundstück. Das für Ando ungewöhnliche Tragwerk, ein beton-ummanteltes Stahlskelett, ist 23 Meter hoch. Auf sechs unterirdischen und sechs oberirdischen Geschossen liegen 93 Läden und 38 teure Wohnungen. Eine kleine Zweizimmerwohnung kostet pro Monat rund 7.000 Euro Miete.
Der Bauherr, der Immobilienkonzern Mori, ließ die berühmten Vorgängerbauten, die Dojunkai-Apartments, im Jahr 2003 abreißen, obwohl Ando sie selbst ein „großartiges urbanes Erbe“ genannt hatte.
Kommentar der Redaktion
Für Andos neuestes Meisterwerk musste ein Wahrzeichen der Moderne in Tokio, um dessen Erhalt dreißig Jahre lang gestritten worden war, abgerissen werden: Die Dojunkai-Appartementblöcke waren 1927, vier Jahre nach dem großen Kanto-Erdbeben fertig gestellt worden, das Tokio in Schutt und Asche gelegt hatte. Das Beben hatte bewiesen, dass die traditionellen japanischen Holzbauten im Notfall untauglich sind.
Zum Vorbild der Wohnarchitektur wurden deshalb solide Mietshäuser nach westlichem Vorbild. Obwohl der erste massive Wohnblock Japans zum Symbol der Moderne nach dem Erdbeben wurde, wurden sie ohne Gefühle der Nostalgie einfach abgerissen, wie in Japan üblich, wo auch intakte Gebäude immer wieder durch Neubauten ersetzt werden. Ein kleiner Trost ist, dass im Edo-Tokyo Museum eine Musterwohnung der Dojunkai-Apartments als Anschauungsbeispiel nachfolgenden Generationen erhalten geblieben ist.
Der schmerzliche Verlust der Vorgängerbauten ändert nichts daran, dass Andos Bau ein weiteres Architektur-Juwel in der langen Kette der spektakulären Neubauten für Designermarken entlang der Zelkoven-Allee ist, die in den zwanziger Jahren als Verbindungsweg zum Meiji-Schrein gebaut worden ist. An hohen Feiertagen passiert der japanische Tenno die Straße auf dem Weg zum wichtigsten Shinto-Schrein im Land der aufgehenden Sonne; doch die gegenwärtige Religion in Omotesando heißt Mode.
Andos Neubau ergänzt die Bauten von Toyo Ito, Kenzo Tange, Herzog & de Meuron, Future Systems und Jun Aoki, die die Omotesando zu einem Freiluftmuseum der zeitgenössischen Architektur in Japan machen.
Ulf Meyer
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