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11.06.2008
Einmal auftanken, bitte!
Galerie in Berlin eröffnet
Sie sind schon äußerst hübsch, die Fünfziger-Jahre-Tankstellen, die man vereinzelt noch in Berlin ausmacht. Allerdings liegen sie meist so verkehrsgünstig – und damit laut –, dass eine Umnutzung zunächst schwierig erscheint. Dies erkannte auch das Architektenteam aus bfs d - bröer flachsbarth schultz (Berlin) und planbb brakel, das von dem Schweizer Galeristen und Kunstsammler Juerg Judin den Auftrag zum Umbau einer ehemaligen Shell-Tankstelle an der Bülowstraße in Berlin erhielt, der nun fertig gestellt wurde.
Der Standardtyp aus dem Jahr 1956 liegt mit einem von Straßenstrich, Dönerbuden und Hochbahntrasse geprägten Kiez nicht gerade in einer vornehmen Gegend des Bezirks Schöneberg. Umso besser, dass kunstaffine Menschen solche Umstände meist wenig stören. Gegen den direkten Blick von der Straße schirmt sich das Grundstück dennoch mit einer hohen Mauer ab.
Das zwischenzeitlich ein eher pragmatisches Dasein als Werkstatt und Lager fristende Gebäude wurde nun so liebevoll saniert, bauphysikalisch ertüchtigt und um einen kleinen Anbau ergänzt, dass hier in Zukunft gewohnt, gearbeitet und ausgestellt werden kann.
Die Fassade des Altbaus aus Glasfliesen wurde durch Originalteile ergänzt und mit einer Innendämmung versehen, die alten Stahltüren und die zarte, teilweise geschwungenen Verglasung des früheren Verkaufsraums aufgearbeitet, die kleinen Stahlfenster originalgetreu nachgebaut. Ohne die innere Gliederung des Altbaus zu stören, wurden neue Funktionszuordnungen vorgenommen: Aus der Werkstatt wurde die Küche, aus dem Verkaufsraum der Besprechungs- und Essraum.
Als Pendant zum feingliedrigen Altbau wird der keilförmige, zweigeschossige Neubau direkt an die Grenze zum Nachbargrundstück gesetzt und lediglich über eine Erschließungsachse an den Bestand angebunden. Die zweischalige Fassade mit Industrieverglasung und transluzenter Wärmedämmung verstehen die Architekten als zurückhaltenden, „leinwandartigen Hintergrund“ für den Fünfziger-Jahre-Bau. Dieses System ermöglicht eine natürliche Belichtung des Gebäudes, die dank der Streuung durch das Industrieglas besonders weich und schattenarm ausfällt – gute Bedingungen für die Präsentation von Kunstwerken, die im ersten Obergeschoss ausgestellt werden. Raumhohe, gezielt gesetzte Fenster ermöglichen zusätzlich Ausblicke auf die Hochbahn und den Garten.
Letzterer wurde vom Zürcher Landschaftsarchitekten Guido Hager als intimes Refugium mit hohen Kiefern, Kirschbäumen, Bambussträuchern und einem Wasserbecken gestaltet.
Bildnachweis: Annette Kisling, Berlin
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