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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Abweichende_Interpretation_der_Berliner_Schloss-Studie_21127.html

26.08.2005

Gegenrede

Abweichende Interpretation der Berliner Schloss-Studie


Der Berliner Architekt, Publizist und Hochschullehrer Philipp Oswalt („Urban Catalyst“, „Schrumpfende Städte“) hat am 26. August 2005 in einer Pressemitteilung eine von der offiziellen Lesart abweichende Interpretation der Machbarkeitsstudie zum Berliner Schloss-Wiederaufbau (siehe BauNetz-Meldung vom 24. 8. 2005) vorgelegt.

Die von Vertretern der Bundesregierung vorgestellte Studie wurde von Auftraggeberseite als Beweis für die Machbarkeit eines solchen Bauvorhabens gewertet. Oswalt dagegen sieht „im Gegensatz zur euphorischen Selbstinterpretation durch das Bauministerium“ in der Studie vor allem den Beleg für „vermehrte Schwierigkeiten bei der Realisierung eines Neubaus des Berliner Schlosses als bisher gedacht“.
Im Einzelnen begründet er dies mit vier Punkten, die wir wörtlich dokumentieren:

  • „Nutzfläche: Die Nutzfläche muss weiter reduziert werden. Während die Internationale Expertenkommission Historische Mitte im April 2002 noch von einer Gesamtbruttogrundfläche von ca. 200.000 qm ausging und die interministerielle Arbeitsgruppe Schlossareal im September 2003 von max. 160.000 qm, beläuft sich die Bruttogrundfläche gemäß des Gutachtens auf 135.000 qm.

  • Nutzbarkeit: Ein Neubau mit den teilweise rekonstruierten Schlossfassaden gemäß Bundestagsbeschluss ist nur ausgesprochen schwierig nutzbar. Er ist nicht nur für kommerzielle Nutzungen wie z.B. Büros unbrauchbar. Auch die zentralen Ausstellungsräume für die außereuropäischen Sammlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz können hier nicht untergebracht werden. Dieser wesentliche Teil des Humboldtforums kann daher nicht im Schlossneubau untergebracht werden, sondern nur in zwei neuen Kellergeschossen. Der finanzielle Aufwand für diesen ansonsten einer Tiefgarage vorbehaltenen Bereich ist erheblich, kann aber zur Zeit in Unkenntnis des Baugrundes nicht realistisch berechnet werden. Erhebliche Schwierigkeiten aufgrund des Grundwasserspiegels sind zu erwarten.

  • Kommerzielle Nutzung: Angesichts der funktionalen Mängel des Schlossneubaus sowie des schwächelnden Berliner Immobilienmarktes erscheinen allenfalls Luxushotel und Tiefgarage als wirtschaftlich möglich. Ob diese tatsächlich realisiert werden können, ist laut Gutachten jedoch fraglich. Ohnehin ist der Beitrag einer solchen privaten Investition zur Finanzierung des öffentlichen Teils des Schlossneubaus nur gering bzw. gar nicht gegeben, sondern verschlechtert einzig die Nutzungsmöglichkeiten für die öffentlichen Einrichtungen. Insofern sollte man sich von diesem Programmteil ohnehin ganz verabschieden und die Gesamtnutzfläche reduzieren.
    Umso unverständlicher ist es, dass eine Erhöhung des privaten Anteils von 20% auf 30% vorgesehen ist. Denn ohne die kommerzielle Nutzung müsste nicht die gesamten großvolumigen Ausstellungsräume der außereuropäischen Sammlung in die Keller verbannt werden. Zudem würde der einzige frei gestaltbare Gebäudebereich (spreeseitiger Ostflügel) nicht für die kommerzielle Nutzung geopfert werden müssen.

  • Nutzungskonzeption: Für das Humboldtforum gibt es nach wie vor keine Konkretisierung der Pläne. Es liegt keine inhaltliche Nutzungskonzeption vor, geschweige denn ein Raumprogramm.“
Oswalt kritisiert weiter, dass die Studie nicht im vollen Wortlaut veröffentlicht werde, sondern nur in einem vierseitigen Auszug. Zu dieser Informationspolitik schreibt Oswalt: „Es deutet sich an, dass beim Schlossneubau die Öffentlichkeit wieder mit gezielten Fehlinformationen in die Irre geleitet wird, um das politisch Gewünschte, aber sachlich evtl. nicht Vertretbare durchzusetzen.“
Seine Pressemitteilung schließt mit einem Forderungskatalog:
  • „Unverzügliche Veröffentlichung der Studie

  • Kritische Prüfung der Studienempfehlung und anderer Handlungsoptionen durch unabhängige Experten auf Kosten des Bundes

  • Vorlage eine konkreten Konzeptes für die öffentlichen Nutzungen und öffentliche Debatte hierzu

  • Keine Private-Public-Partnership, bei der die öffentliche Hand zuzüglich zu den Baukosten noch ein Renditegewinn für den privaten Investor zahlen muss und dieser zugleich Einfluss auf Architektur des Gebäudes gewinnt. Kein privatwirtschaftlich betriebenes „öffentliches“ Forum als Agora

  • Kein Abriss des Palastes der Republik, solange nicht ein realistischer und durchführbare Planung entwickelt und von den notwendigen politischen Gremien beschlossen worden ist.“



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