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12.11.2015

Kuehn Malvezzi würdigen Hanns Schönecker

Über die Erweiterung des Saarlandmuseums, die endlich weiter geht


Von Annika Wind

Er wartet nun schon seit vier Jahren, dieser Rohbau inmitten von Saarbrücken. Aus grauem Sichtbeton. Unfertig. Und wer die jahrelangen Streitigkeiten, Affären und Fehlplanungen rund um die Erweiterung des Saarlandmuseums verfolgte, dem erscheint dieser Satz von Thomas von Aquin nicht unpassend: „Für Wunder muss man beten - für Veränderungen aber arbeiten.“ Das tut man jetzt, im September sind die Bauarbeiten nach jahrelangem Baustopp endlich wieder angelaufen. Allerdings ist es nun ein „programmatisch völlig neuer Entwurf“, den Kuehn Malvezzi bis 2017 umsetzen wollen. Sie haben die Pläne ihrer Vorgänger, twoo Architekten aus Köln, stark verändert. Die Frage ist nur: Wie baut man ein Museum nach einer neuen Programmatik weiter, wenn das meiste davon bereits steht?

„In dem man den Rohbau auf das reduziert, was er tatsächlich ist: eine konstruktive Gegebenheit“, sagt Wilfried Kuehn. Die Kölner Kollegen hatten ihren „vierten Pavillon“ als eine Art Kontrapunkt zum stimmigen Ensemble von Hanns Schönecker (1965-1976) geplant - Kuehn Malvezzi hingegen interpretieren den Erweiterungsbau der Modernen Galerie als reine Ergänzung des 60er-Jahre-Ensembles. Ein ungewöhnliches, aber auch ein nachvollziehbares Statement. Denn in gewisser Weise verbeugen sich die Berliner vor dem Saarländer Schönecker und seinen damaligen Ideen: „Seine Pavillons bilden ein Ensemble, das in der Lage ist, nach innen und außen zu wirken“, sagt Kuehn. Die Gliederung der Baukörper schaffe Freiräume wie den Skulpturengarten zum Saar-Ufer. Im Inneren hingegen fördere sein horizontal angelegter Ausstellungsparcours „kuratorische Narrationen“. Mit anderen Worten: Der Eingang soll nicht in den alles überragenden Erweiterungsbau ziehen, wie ursprünglich geplant, sondern er bleibt dort, wo er ist. Im Pavillon von Hanns Schönecker.

twoo Architekten hatten ihren Erweiterungsbau durch die neue Eingangssituation besonders betonen wollen - und daher ihrem Grundriss auch eine Einbuchtung verpasst. Das macht man nun ebenfalls rückgängig und aus dem geplanten Entree ein Fenster. Der Fokus liegt weiterhin klar beim Schönecker-Ensemble - was Vorteile für Alt- und Neubau bringe, so Kuehn. „Statt den Neubau innenräumlich zu spalten und den denkmalgeschützten Altbau zum Anbau zu deklassieren, bildet das Eingangsfoyer einen Empfangsraum im Zentrum der Anlage.“ Der Erweiterungsbau könne sich so in seinem Inneren „ganz und gar der Kunst“ widmen - vor allem, so Kuehn, sein 14 Meter hoher, zentraler Tageslichtraum, „in dem nun statt Postkartenständer große Rauminstallationen zeitgenössischer Künstler Platz finden“.

Direktor Roland Mönig will den Zuwachs der Ausstellungsfläche dazu nutzen, sein Haus aktuellen Tendenzen zu öffnen - bis hin zur Medienkunst. Gedacht ist der neue Kubus mit  einer zusätzlichen Ausstellungsfläche von 1500 Quadratmetern schwerpunktmäßig für Kunst ab 1945. Zudem wagt der Museumsleiter so etwas wie eine Standortbestimmung: Schon jetzt hat er eine Reihe aufgelegt, die wichtige Werke der Sammlung in den Fokus nimmt. Oskar Schlemmers „Blaue Frauengruppe“ etwa oder Zeichnungen von Max Slevogt, von dem man allein 2700 (!) Werke besitzt. Einen Fokus auf eine Stilrichtung oder Zeit solle es weiterhin nicht geben - die Stärken seien gerade die „Schnittstellen“ zwischen Malerei und Skulptur mit Werken von 1870 bis heute. Dazu Schlüsselwerke von Otto Steinert und Monika von Boch, welche die „subjektive Fotografie“ in Saarbrücken begründeten.

Kosten soll das Bauvorhaben nun 39 Millionen Euro – veranschlagt waren zum Start 2009 ursprünglich 9: Der Erweiterungsbau selbst, so Mönig, beanspruche 30 Millionen Euro, die Fassade zwei, hinzu kommen für das Außengelände vier Millionen, die Außengestaltung auf dem Gelände der benachbarten Musikhochschule koste weitere zwei, zudem sei eine Million als Reserve für Rechtsstreitigkeiten aus „Altfällen“ veranschlagt.

Kuehn Malvezzi haben derweil auch die Gestaltung des Außenraums in Angriff genommen, gemeinsam mit dem Konzeptkünstler Michael Riedel, der bei der Fassade mit vier mal vier Meter großen Platten arbeiten will. Sie nehmen ebenfalls Bezug auf Schönecker und sein „Konstruktionsraster“. Geplant sei, so Kuehn, eine „skulpturale Installation“, die „Schrift als Formträger einsetzt und eine Lesbarkeit des Ortes“ erzeugt. Zunächst aber provozierte sie eins: Ärger. Denn Riedel hatte sich als Grundlage eine Landtagsdebatte ausgesucht, die sich ausgerechnet um den „Skandalbau“ drehte. Nach Protesten aus Politik und Bürgerschaft hat er seinen Entwurf nun modifiziert: Er nutzt jetzt einen Text aus dem Landtag, der die Außengestaltung des Saarlandmuseums verhandelt – und seine Kunst selbst.


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Hans Christian Schink: Neubau Saarlandmuseum (I), 2015, Foto: © Hans-Christian Schink

Hans Christian Schink: Neubau Saarlandmuseum (I), 2015, Foto: © Hans-Christian Schink

Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Erweiterungsbau und Bestandsgebäude, Ansicht von S-W (Simulation), © Kuehn Malvezzi, Berlin / Michael Riedel

Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Erweiterungsbau und Bestandsgebäude, Ansicht von S-W (Simulation), © Kuehn Malvezzi, Berlin / Michael Riedel

Simulation des zentralen Atrium-Raumes, © Kuehn Malvezzi/Michael Riedel

Simulation des zentralen Atrium-Raumes, © Kuehn Malvezzi/Michael Riedel


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