Von Sophie Jung
Im Schweriner Schloss hatte er sein Schlüsselerlebnis. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg stieß der Architekt und Denkmalpfleger Friedrich Mielke auf die Wendeltreppe des Renaissancegebäudes. Er erkannte: Diese Treppe war für jede Schrittlänge gemacht, Menschen mit kurzen Beinen laufen innen, die mit langen an der Peripherie. Mielke, der als Soldat im Krieg ein Bein verloren hatte, war erleuchtet. Seitdem erforscht er unermüdlich die Verbindung von Mensch und Treppe, suchte bislang über 2000 Stiegen europaweit auf, initiierte eine ganze Publikationsreihe und gründete an der Technischen Hochschule Konstein das Institut für Scalalogie.
Diese Anekdote stammt aus Stephan Trübys filmischen Portrait „Friedrich Mielke: Discipline and Passion, the Science of Stairs“. Als Ko-Kurator von Rem Koolhaas‘ Ausstellung „Elements of Architecture “ hat der Architekturtheoretiker den Film bereits auf der Venedig-Biennale 2014 vorgestellt. Am Samstag, dem 26. September, wird er im Rahmen des DOKU.ARTS-Festivals in Berlin seine Deutschlandpremiere feiern.
Trübys Dokumentarfilm konzentriert sich ganz auf die Figur dieses kuriosen Wissenschaftlers. Mielke erzählt darin von seiner facettenreichen Lebensgeschichte und verknüpft sie mit der feinen Baukunst von Amsterdamer Holztreppen oder der eigenwilligen Architektur der tunesischen „Ghorfa-Treppen“. Auch über die exakten Stufen für die Nobile und die unregelmäßigen Stiegen für den Klerus spricht der heute 93-jährige Treppenforscher sowie vom merklichen Unterschied zwischen Balustren und Taljen. „Friedrich Mielke: Discipline and Passion, the Science of Stairs“ zeigt fünfzig Minuten aus dem Arbeitszimmer eines sonderlichen Forschers, dessen Liebe für die Treppe trotz hohen Alters nicht abklingen mag.
Friedrich Mielke:
Discipline and Passion, the Science of Stairs
Die Deutschlandpremiere ist am Samstag, 26. September 2015, 21 Uhr, im Zeughauskino Berlin. Stephan Trüby wird bei der Filmvorführung anwesend sein.
DOKU.ARTS 2015
Architectures in Motion
9. September bis 27. September 2015
Zeughauskino Berlin, Unter den Linden 2, 10117 Berlin
Einzelvorstellung: 5 Euro
Festivalpass: 30 Euro
Reservierungen unter +49 (0)30 20304 421 oder zeughauskino@dhm.de
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