Ein architektonisches Meisterwerk war das zweiteilige Karstadt-Ensemble im Herzen der Lübecker Altstadt nie. Aber ein wichtiger Einkaufsort und prägender Stadtbaustein. Denn der 1996 eröffnete, von Harald Deilmann entworfene Komplex definierte mit der Platzanlage Schragen zwischen den beiden Bauteilen auch einen öffentlichen Raum. 2020 wurde der kleinere Gebäudeteil (Haus B) geschlossen, zwei Jahre später erwarb die Hansestadt die Immobilie. Momentan wird das Haus direkt hinter der gewaltigen Marienkirche unter dem Namen Übergangshaus nicht-kommerziell zwischengenutzt.
Dass der Ort dem Wissenserwerb gewidmet werden sollte, stand schon früh fest. Denn die vier Gymnasien Johanneum, Katharineum, Ernestinenschule und Oberschule zum Dom, die in der Altstadt liegen, klagen seit Jahren über Platzmangel. Wie das ehemalige Warenhaus zum Bildungshaus transformiert werden könnte, wurde ab Juli 2023 in einem Beteiligungsverfahren („Phase Null“) erarbeitet. Seit Februar liegt nun der Vorentwurf der Büros ppp architekten + generalplaner (Lübeck) und caspar. (Köln/Hamburg) vor. Grundlage der Beauftragung war ein Verhandlungsverfahren (VgV) mit Ideenskizze im letzten Jahr.
Die Architekt*innen planen, in den Baukörper ein längliches Atrium zu schneiden, das alle sieben Etagen bis hinab ins Untergeschoss verbindet. Während sich insbesondere das Erdgeschoss als „flexibler Mixed-Use-Bereich“ an die Öffentlichkeit wenden soll, dominiert in den Obergeschossen die schulische Nutzung. Neben den vier Altstadtgymnasien werden auch die Musikhochschule, die Universität, die Technische Hochschule und der Offene Kanal Lübeck Räume im Bildungshaus nutzen. Bei so vielen institutionellen Nutzer*innen und zusammen mit den öffentlichen Kultur- und Bildungsangeboten im Erdgeschoss könnte es dem Bildungshaus gelingen, eine breite Zielgruppe anzusprechen. Dass im Untergeschoss außerdem eine Fahrradgarage mit circa 400 Plätzen realisiert werden soll, klingt vorbildlich.
Ein zweiter, wichtiger baulicher Eingriff neben dem Atrium ist der Rückbau der Technikzentrale auf dem Dach. Diese soll durch eine zweigeschossige, vorgefertigte Holzkonstruktion ersetzt werden. Überdies soll eine gut 600 Quadratmeter große Dachterrasse entstehen, die zu einem „Pausenhof der ganz anderen Art“ werden könnte, schreiben die Architekt*innen. Der Auftakt der Bauarbeiten ist für nächstes Jahr avisiert. 2028 möchte die Stadt ihr neues Bildungshaus eröffnen.
Die Federführung für Planung und Umbau des 9.500 Quadratmeter Bruttogrundfläche umfassenden Projekts liegt beim Gebäudemanagement der Hansestadt Lübeck GMHL. Freund*innen der Warenhausarchitektur der 1990er Jahre können sich übrigens darüber freuen, dass die Natursteinfassade Deilmanns weitgehend erhalten bleiben soll. Trotzdem will man durch eine neue Verglasung und zusätzliche Eingänge die Öffnung des Hauses zum Stadtraum verbessern. (gh)
Zum Thema:
Die Lübecker Pläne sind nur eines von vielen Beispielen des aktuellen „Kaufhausumbaurausches“, dem wir vor einem halben Jahr BauNetz WOCHE #653 gewidmet haben. Auch die Kolleg*innen von BauNetz CAMPUS beschäftigten sich mit Kaufhausumbauten.
Die Potenziale von Haus B wurden auch auf einem Symposium der TH Lübeck im Jahr 2022 diskutiert, an dem unser Autor als Referent teilnahm.
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Hater | 25.03.2025 11:17 UhrArchitektur
Wenn der gleiche Aufwand für alle Unterlagen stattdessen in die Architektur gegangen wäre, könnte das gegebenenfalls ein guter Beitrag sein. Schreckliche Gebäude und schade für das schöne Lübeck.