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02.07.2020

Aufräumen im Schatten des Doms

ksg gewinnen Wettbewerb für Laurenz-Carré in Köln


Köln hat die merkwürdige, für Ortsfremde irritierende Qualität, dass man an einem sehr prominenten Ort steht, dann nur wenige Meter weitergeht, und plötzlich verschlägt einem der ungute Dunst und der schäbige Anblick einer großstädtischen Offsite ganz wörtlich den Atem. Folgt man zum Beispiel vom Roncalliplatz der als Nationales Projekt des Städtebaus intensiv geförderten Via Culturalis, kommt ein solcher Moment, noch bevor man das Historische Rathaus, die MiQua-Baustelle oder das Wallraf-Richartz-Museum passiert hat: Die beiden Blöcke zwischen Roncalliplatz und Rathausplatz – kuriose Cluster aus vernachlässigten Park- und Bürohäusern und einem denkmalgeschützten Hotel – waren seit Jahren im Gespräch und sind mehrfach verkauft und umbenannt worden. Nun folgte mit einem Realisierungswettbewerb der nächste Schritt im Verwertungsprozess.

Von Uta Winterhager


Lieber dicht als hoch


Seit Sommer 2017 ist das inzwischen als Laurenz-Carré bezeichnete, 9.000 Quadratmeter große Areal im Besitz der Düsseldorfer Gerchgroup. Die möchte bis auf das Denkmal alle Bestandsgebäude abreißen und ersetzen. Da es sich bei den Flächen um kulturhistorisch bedeutende Innenstadtareale – gerne auch bekannt als Filetgrundstücke – handelt, ist ihre Entwicklung an ein zweistufiges Verfahren gebunden. In einem 2018 durchgeführten städtebaulichen Verfahren überzeugte das Kölner Büro kister scheithauer gross in dritten Runde, nachdem die Stadt und der Auslober die Grenzen des Verträglichen lange verhandelt hatten. Zwar suchten beide Seiten gleichermaßen eine qualitative Aufwertung des Planungsgebietes, doch die Verwaltung legte großen Wert auf die Sichtbarmachung der Via Culturalis. Die Gerchgroup dagegen war eher an der marktgerechten Umsetzung und der zukünftigen Rendite der von ihr geforderten 33.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche interessiert.

Deutlich unterschied sich der Entwurf der Preisträger von den drei Konkurrenten durch die im Altstadtcharakter angelegten Baukörper und die ausgeprägte Dichte, die sich insofern positiv auf das Gesamtbild auswirkten, als dass sich die Masse deutlich weniger in der Höhe abzeichnet. Die Jury lobte die kleinteilig parzellierte städtebauliche Konzeption, die ihrer Einschätzung nach sensibel auf den Straßenraum und das Gegenüber reagiere. Anstelle neuer Plätze bieten ksg allein mit Aufweitungen in der Großen Budengasse Aufenthaltsqualitäten in der wichtigen Ost-West-Achse zwischen Altstadt und Neustadt. So wird auch die Sporergasse als „Domblickgasse“ von ihrem Schicksal als ewige Rückseite befreit und in das neue Quartier integriert.

Sieg der Vorhangfassade


Im Februar 2019 lobte die Gerchgroup schließlich ohne die Stadt einen Realisierungswettbewerb für das dem Dom zugewandte Nordfeld aus, der erst kürzlich zum Ergebnis kam. Zu den 6 Teilnehmern des ersten Verfahrens wurden noch drei weitere hinzugeladen. Im Mai 2020 fiel schließlich die Entscheidung und wieder überzeugten kister scheithauer gross . Auf den 2. Platz kamen Henning Larsen (Standort München), auf den 3. Platz caspar. (Köln). Einen Ankauf bekamen Schilling Architekten (Köln), die wie Henning Larsen schon in der ersten Runde wichtige Impulse geliefert hatten. Die beiden Büros belegten damals gemeinsam den dritten Rang.

Da die Kubaturen, Erschließung und Nutzung der Baukörper schon mit dem städtebaulichen Verfahren weitgehend festgelegt waren, ging es im nun entschiedenen Realisierungswettbewerb primär darum, diese zu konkretisieren. Besonderes Augenmerk galt dabei dem Entwurf der Fassaden, die zu Indikatoren für die Angemessenheit der Mittel und Massen gemacht wurden. Ein Versuch, die neue Nutzung nicht zum Antagonisten des Ortes werden zu lassen.

Der Entwurf von ksg zeigt eine deutliche Hierarchie der Fassaden und somit auch der Gebäude. Prominent ist der dem Dom zugewandte Gebäudekopf, der klassisch in Sockel, Mittelbau und Krone gegliedert ist. Der erhöhte Sockel gibt den Ladenlokalen und der Gastronomie viel Raum, notwendig ist die Höhe aber auch, damit der Neubau aus Perspektive der hier um acht Stufen erhöhten Domplatte nicht versinkt. Die Arkaden und die gerundeten Gebäudeecken sind Zitate der Nachbarschaft, doch was zum Beispiel am Domhotel klassizistisch-üppig erscheint, wird hier von ksg in einer zeitlosen Sprache wiedergegeben. Sie setzen zwar ebenfalls auf Plastizität, reduzieren sie jedoch nur auf den Mittelbau des Bürogebäudes, dessen Modulation, so die Architekten, „den Faltenwurf schwerer Vorhänge“ suggeriere. Ästhetisch und hochwertig erscheint die Verkleidung mit grünem Sandstein im Kontrast zu den Profilen in Messing- und Bronzetönen, die betonen, dass die Fenster – der Plastizität der Fassade folgend – um die Kante geführt werden. Das vorspringende Dachgesims zeichnet die eigentliche Traufhöhe nach, doch die Architekten möchten mit der Zinkblech-Eindeckung des Dachs bis zum Staffelgeschoss den Eindruck eines durchgehenden Baukörpers erzeugen.

Während der Sockel Unter Goldschmied auf einer Höhe fortgeführt wird, schließt das Bürogebäude mit einer runden Ecke ab, damit das daran anschließende Hotel „mit eigenem Gestaltungsanspruch in den Stadtraum tritt“. Dieser materialisiert sich mit der Kombination aus papyrusweißen Elementen und graugrünen Aluminium-Fassadenprofilen. Die altstädtische Feinkörnung wird in der Großen Budengasse, wo es eine dritte Fassadenvariante gibt, noch deutlicher. Nicht zuletzt, weil hier zwei schmale Stadthäuser stehen bleiben, deren Besitzer nicht zum Verkauf an den Investor bereit waren.

Wenn die Historische Mitte als Schaltstelle zwischen Stadt und Kirche fertiggestellt ist, wird das Laurenz-Carré zwar eine Reihe nach hinten rücken, aber auch dort hinter der deutlich moderneren Architektur von Volker Staab sehr gut aufgehoben sein. Gut, wenn man dann nicht schon wieder an der nächsten Ecke kurz mal den Atem anhalten muss.


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kister scheithauer gross


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1. Platz: kister scheithauer gross – Standort Roncalliplatz mit Blick auf den Kopfbau Am Hof

1. Platz: kister scheithauer gross – Standort Roncalliplatz mit Blick auf den Kopfbau Am Hof

2. Platz: Henning Larsen – Ansicht Roncalliplatz: Die Fassade Am Hof wird wie der gotische Dom von einer starken vertikalen Gliederung geprägt. So sind im Hauptraster immer zwei Geschosse zusammengefasst, die Geschossdecken in der Mitte der Fensteröffnung werden mit messingfarbenen Metallelementen verdeckt. Um die Fassade plastisch zu gliedern, sind die mit hellem Ziegel geschlossenen Flächen um die Öffnungen wie die Portale des Doms nach hinten gestaffelt.

2. Platz: Henning Larsen – Ansicht Roncalliplatz: Die Fassade Am Hof wird wie der gotische Dom von einer starken vertikalen Gliederung geprägt. So sind im Hauptraster immer zwei Geschosse zusammengefasst, die Geschossdecken in der Mitte der Fensteröffnung werden mit messingfarbenen Metallelementen verdeckt. Um die Fassade plastisch zu gliedern, sind die mit hellem Ziegel geschlossenen Flächen um die Öffnungen wie die Portale des Doms nach hinten gestaffelt.

3. Platz: caspar.architects – Standort Roncalliplatz: Die Architekt*innen möchten „die Geschichte des Ortes weitererzählen, seine DNA wiedergeben und neu interpretieren“ und ließen sich bei den Arkaden mit Kreuzgewölben von den gotischen Elementen des Doms inspirieren. Darüber geht es mit einer Rasterfassade, deren Öffnungen schräg angeschnitten sind, in die Höhe.

3. Platz: caspar.architects – Standort Roncalliplatz: Die Architekt*innen möchten „die Geschichte des Ortes weitererzählen, seine DNA wiedergeben und neu interpretieren“ und ließen sich bei den Arkaden mit Kreuzgewölben von den gotischen Elementen des Doms inspirieren. Darüber geht es mit einer Rasterfassade, deren Öffnungen schräg angeschnitten sind, in die Höhe.

Ankauf: Schilling Architekten – Standort Roncalliplatz: Die Verwendung des für Köln typischen Tuffsteinmauerwerks in Verbindung mit der Gliederung durch lineare Bauteile aus natürlich gefärbtem Beton soll dazu beitragen, den Neubau an dieser wichtigen Stelle im Bild der Kölner Altstadt zu verankern.

Ankauf: Schilling Architekten – Standort Roncalliplatz: Die Verwendung des für Köln typischen Tuffsteinmauerwerks in Verbindung mit der Gliederung durch lineare Bauteile aus natürlich gefärbtem Beton soll dazu beitragen, den Neubau an dieser wichtigen Stelle im Bild der Kölner Altstadt zu verankern.

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