RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-dm-Zentrale_in_Karlsruhe_von_Lederer_Ragnarsdottir_Oei_4800717.html

05.08.2016

Hier bin ich Mensch, hier renaturiere ich

dm-Zentrale in Karlsruhe von Lederer Ragnarsdóttir Oei


Für den Entwurf der dm-Zentrale in Karlsruhe gewinnen Lederer Ragnarsdóttir Oei (Stuttgart) sicher keinen Architekturpreis. In einer anderen Welt, wo Bauherren für ihre guten Absichten ausgezeichnet werden, hätte die Drogeriekette allerdings einen Preis verdient.

Auf seiner Homepage trägt das Unternehmen allen Szenarios Rechnung, nach denen sein Bauvorhaben die Stadt zerstören könnte, und erklärt, warum es das nicht tut. Wie ein geduldiger Großvater beantwortet dm alle möglichen Kundenfragen: Veränderungen des Grundwasserspiegels?, Lärmbelästigung während der Bauphase? oder Ausgleich für versiegelte Flächen? zählen dabei zu den häufigsten. Unklar bleibt, ob dm generell besorgte Kunden hat oder sich einfach nur kümmert.

Wir wissen es: Dass „der Mensch im Mittelpunkt stehen soll“, bildet die zentrale Säule der Unternehmensphilosophie von Deutschlands sympathischster Drogeriekette. Die Abwandlung des Goethe-Zitats „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“ verweist natürlich darauf, dass Werte wie Rücksicht auf die Nachbarn, ökologische Verträglichkeit und eine allgemeine Verbesserung durch das Bauvorhaben Teil der Werbeideologie des Unternehmens sind. Damit wird auch Geld verdient, deswegen sind diese Werte aber nicht minder legitim.

Freundliche Atmosphäre, Naturnähe und zuvorkommende Mitarbeiter sind Qualitäten, die man aus dem Laden auf die Architektur des Verwaltungsgebäudes übertragen möchte. Dabei geht man besonders vorsichtig vor. Für den Erhalt „stadträumlicher Qualitäten“ am Autobahnkreuz möchte man die Gebäudehöhe so niedrig wie möglich konzipieren. Gleichzeitig entspricht die dadurch resultierende horizontale Raumorganisation und „netzartige Grundrissstruktur“ der Idee einer hierarchiefreien Arbeitswelt.

Durch den Verzicht eines höheren Gebäudes entsteht natürlich eine größere Versiegelungsfläche. Diesem Verbrechen an der Natur ist sich das Unternehmen bewusst und schlägt durch verschiedene Renaturierungsmaßnahmen einen Ausgleich vor: die Neuanlegung eines kleinen Hügels, der gleichzeitig als Schallschutz funktioniert, die Renaturierung des Tiefentalgrabens und von Teilstücken der Alb sowie Baumpflanzungen in der Untermühlsiedlung. Gute Nachbarn also.

Man wird das Gefühl nicht los, dass die Architekten zugunsten der dm -Weltverbesserungsphilosophie mit ihrem Entwurf Kompromisse eingehen musstenEs lässt sich auch nicht mit jedem Projekt einen Preis gewinnen. (df)


Auf Karte zeigen:
Google Maps


Zu den Baunetz Architekt*innen:

LRO


Kommentare:
Kommentare (8) lesen / Meldung kommentieren


Alle Meldungen

<

05.08.2016

Buntes Chaos in der Banlieue

Schulkomplex von Dominique Coulon

05.08.2016

Bezahlbarer Wohnungsbau

Ideenwettbewerb in Rheinland-Pfalz entschieden

>
baunetz CAMPUS
Learning from Grabs
Baunetz Architekt*innen
KRESINGS
Stellenmarkt
Neue Perspektive?
vgwort