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09.11.2023
Angewandte Textilforschung
allmannwappner, Menges Scheffler Architekten und Jan Knippers Ingenieure in Reutlingen
Dass der architektonische Neuzugang auf dem Campus der Hochschule Reutlingen ein Lehr-, Forschungs- und Innovationszentrum der Fakultät Textil beherbergt, kommuniziert er bereits mit seiner Fassade. Diese greift das Thema „Gewebe“ auf und hüllt das transparente Gebäude in ein zartes Gespinst aus Carbon- und Glasfasern. Der Entwurf des Texoversum genannten Projekts wurde von allmannwappner (München) in Zusammenarbeit mit Menges Scheffler Architekten (Frankfurt am Main) und Jan Knippers Ingenieure (Stuttgart) entwickelt. Das Team konnte sich 2019 in einem Gutachterverfahren durchsetzen und betreute den Bau in den Leistungsphasen 1 bis 8. Als Bauherr trat Südwesttextil auf, der Verband der südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie. Dieser verfolgt mit dem Projekt das Ziel, einen „europaweiten Leuchtturm“ für textile Ausbildung und Innovation zu schaffen.
Der quaderförmige Neubau wurde im Rahmen des Masterplans für die Erweiterung des Campus Reutlingen umgesetzt. Auf 4.110 Quadratmetern Bruttogrundfläche bietet er Raum für Werkstätten, Labore, „Think-Tank-Bereiche“ und Unterrichtsräume. Auch die international renommierte Textilsammlung der Hochschule fand hier eine neue Heimat.
Die erstmalig in dieser Form umgesetzte textile Fassade aus faserbasierten Werkstoffen besticht durch ihr vielschichtiges Erscheinungsbild. Sie entstand in einem robotischen Wickelprozess, in dem jedes einzelne Fassadenelement individuell ausgeführt und an die dahinterliegende Nutzung angepasst wurde. Entwickelt wurde diese Methode an der Universität Stuttgart in den Instituten von Achim Menges (Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung ICD) und Jan Knippers (Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen ITKE). Ausgehend von fünf Basismodulen erfolgte die Gestaltung entsprechend dem Sonnenverlauf, die versetzte Anordnung der komplett selbsttragenden Elemente erlaubt dabei mehr oder weniger freie Durchblicke auf den dahinterliegenden, großflächig verglasten Baukörper.
Das Entwurfsthema „textiles Bauen“ spiegelt sich jedoch nicht nur in der repräsentativen Gebäudehülle wider, sondern prägte auch die innere Struktur des quaderförmigen Volumens. Die Tragwerksplanung des Gebäudes selbst sowie die Planung der Lastabtragung und Einleitung der Kräfte aus der Textilfassade übernahm das Büro bwp Burggraf + Weber Beratende Ingenieure (München). Auch im Gebäude sind Durchlässigkeit und Vernetzung zentrale Elemente des architektonischen Konzepts, das mit Split-Leveln eine interne Verwebung der Funktionen erreichen will. So sollen eine kommunikative Arbeitsatmosphäre und fachlicher Austausch zwischen den Nutzer*innen – dazu gehören Studierende, Entwickler*innen aus Industrie und Forschung, Gründer*innen sowie Investor*innen – gefördert werden.
Halbgeschossig versetzte Ebenen, die über das im Gebäudekern befindliche Atrium auch visuell miteinander interagieren, verbinden sich zu unterschiedlichen Nutzungsbereichen miteinander. Das gut mit Tageslicht versorgte Raumkontinuum findet in einer großzügigen Dachterrasse seinen Abschluss. Mit offenen Technikdecken, Industrieestrich- und Sichtbetonflächen sowie intensiv leuchtenden Farbverläufen im Bereich der Treppen vermitteln die Innenräume einen kreativen Werkstattcharakter. Die Außenräume wurden vom Büro Glück Landschaftsarchitektur gestaltet (Stuttgart). (da)
Fotos: Brigida González
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