In westlichen Gesellschaften stellt das Mehrgenerationenhaus heute eine eher seltene Wohnform dar – trotz gewisser Bemühungen, das zu ändern. Nicht nur auf dem Land, wo man sich auch hierzulande noch öfter ein Dach teilt, auch in der Stadt bietet jedoch das Leben mit der größeren Familie viele Vorteile. Generationenübergreifendes Wohnen in einem Haus soll aber nicht nur für mehr Kontakt zwischen den Familienmitgliedern sorgen, sondern auch genug Privatsphäre für jeden Einzelnen sicherstellen. Wenn es dann noch gelingt, eine gewisse Flexibilität sicherzustellen, um den Wohnraum auch künftig anpassen zu können, handelt es sich um ein gelungenes Zuhause für alle. So wie das jüngste Projekt des Amsterdamer Büros BETA office for architecture and city.
Das fünfgeschossige Wohnhaus mit kleinem Garten liegt in Amsterdamer Norden im früher industriell geprägten Buiksloterham. Es beinhaltet insgesamt zwei Wohneinheiten, die sich unter verschiedenen Voraussetzungen den Raum aufteilen können. Die mittlere Ebene lässt sich beispielsweise durch beide Wohnungen nutzen, während das Gästezimmer der oberen Wohnung später zu einem Jugendzimmer der unteren Einheit werden könnte. Das Innere des Hauses bietet dabei ein komplexes Gefüge mit verwinkelten Nischen und mehreren doppelgeschossigen Bereichen – so findet dort jeder auch einen Rückzugsort.
Die in Hinblick auf Barrierefreiheit vielleicht untypische Verteilung der Etagen – die untere Wohnung gehört der jüngeren Familie, während die obere von den Großeltern bewohnt ist – folgt ebenfalls den unterschiedlichen Bedürfnissen. Die ältere Generation – bis vor Kurzem noch auf dem Land beheimatet – bekommt einen hübschen Ausblick auf die Stadt, während das junge Paar im Erdgeschoss sein Büro hat. Auch können die Kinder direkt in den Garten. Die Erschließung erfolgt über teils getrennte Treppen und einen Fahrstuhl.
Mit ihrer dunklen Hauptfassade und kleinen Öffnungen tritt das Wohnhaus im Straßenraum mit einer geschlossenen und reduzierten Erscheinung auf. So wird der Innenraum vom Straßenlärm abgeschirmt und auch der Wärmeverlust nach Norden reduziert. Im Gegensatz dazu ist die südliche Fassade zum Garten hin vollständig transparent und offen. Gerade aufgrund dieser beiden expliziten Setzungen wird das Gebäude von Architekten selbst als eine „Komposition von Kontrasten“ bezeichnet. Die Realisierung des Hauses kostete ohne Steuern rund 800.000 Euro. (mg)
Fotos: Ossip van Duivenbode