Fragt man Naturwissenschaftler, wie die urbane Welt im Jahr 2030 aussehen wird, formulieren sie ein Schreckensszenario. Fragt man Architekten, wie die urbane Welt im Jahr 2030 aussehen soll, entwerfen sie dagegen an. Letzteres hat das Unternehmen Audi auf Anraten der Stylepark AG getan und den Audi Urban Future Award ins Leben gerufen (BauNetz-Meldung vom Februar 2010). Am vergangenen Freitag konnte man in London die ersten Zwischenergebnisse dieser Zusammenarbeit erleben: Sechs international tätige Architekturbüros stellten ihre Konzepte der Öffentlichkeit vor.
Vom erweiterten Caravan über von künstlicher Intelligenz gelenkte Fahrzeuge und differenzierte Car-Sharing-Modelle bis zu Metropolen-umspannende Förderbänder am Fuße begrünter Wolkenkratzer reichten die Vorschläge. Alison Brooks Architects (London), BIG (Kopenhagen), Cloud 9 (Barcelona), Diller Scofidio + Renfro (New York), J. Mayer H. Architects (Berlin) und Standardarchitecture (Peking) enttäuschten Publikum und Kuratoren nicht. Vielleicht waren die Präsentationen etwas zu Auto-lastig, vielleicht spielte der städtebauliche Aspekt bisher eine eher untergeordnete Rolle, aber bis zur Abschlusspräsentation und Jury-Sitzung im August in Venedig sind es ja noch ein paar Wochen, in denen die Architekten an ihren Entwürfen feilen können.
Interessant waren an diesem Ereignis aber nicht nur die Vorschläge der Architekten, die eigentliche „Kulturrevolution“ war das Treffen an sich: zwischen den Vertretern von zwei so unterschiedlichen Welten wie „Architektur“ und „Auto“. Hier die Architekten als eigenwillige Individualisten, denen mit der Aufgabe, ein Szenario für die „Stadt der Zukunft“ zu entwickeln, fast zwangsläufig die Rolle des Verwalters kommunaler und gesamtgesellschaftlicher Interessen zufällt (eine Rolle, die sie ja auch in anderen Zusammenhängen annehmen). Dort der Global Player Audi mit seiner zigtausend Menschen zählenden Belegschaft, der mit seinen hochentwickelten Produkten individuelle Bedürfnisse bedient und formt. Die Balance zwischen diesen beiden Welten zu finden, spiegelt schon fast einen klassischen „tragischen Konflikt“ wider.
Die Annäherung dieser beiden Sphären zu beobachten, war auf jeden Fall spannend. Und während die Architekten lustige Autos entwarfen, die von überdimensionalen Airbags umhüllt werden (Cloud 9) oder als Hybride zwischen Individualverkehr und Massentransportmittel eingesetzt werden können (Standardarchitecture), fand beim Autohersteller augenscheinlich ein Paradigmenwechsel statt. Rupert Stadler, Vorsitzender des Audi-Vorstands, will das bisher „über allem stehende“ Credo des Unternehmens, die „Freiheit des Audi-Kunden, sich zwischen den Zielen seiner Wünsche hin und her zu bewegen, radikal überdenken“: Am Ende seines Vortrags bezeichnete er seinen Konzern jedenfalls nicht mehr nur als „Autohersteller“ sondern als „Mobilitätsanbieter“. (cv)
Die Beschreibung der einzelnen Konzepte finden Sie in den Bildunterschriften.
Zum Thema:
www.audi-urban-future-award.com
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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autos | 01.06.2010 09:12 Uhrin der zukunft
ja toll. nun mahcne sich die autohersteller wie die heuschrecken über unsere "urbane zukunft" her abgesang einer sterbenden branche? oder auffüllen unserer zukunft mit benzin?
die gelder könnten zur zeit im golf von mexiko gut gebraucht werden, um die BP-Sauereien wegzuräumen, an denen die Autobranche auch nicht unschuldig ist...