Der Zusammenschluss der École Centrale Paris und der École Supérieure d'Électricité hat 2015 nicht nur den etwas sperrigen Namen CentraleSupélec hervorgebracht. Am bisherigen Standort der Supélec in Gif-sur-Yvette entfalten sich seither eine ganze Reihe baulicher Aktivitäten – unter anderem steht auch der Social Condenser von Studio Muoto in der Nachbarschaft. Das Ziel ist offenbar, dem ohnehin schon großen Selbstbewusstsein der beiden Grande écoles auch eine entsprechend ambitionierte physische Umgebung zur Seite zu stellen. Gif-sur-Yvette liegt schließlich auf dem Plateau de Saclay, wo sich gerade über sieben Standorte hinweg die Université Paris-Saclay als eine Art Supercampus entwickelt. Der umfasst neben der CentraleSupélec weitere große Institutionen und wer nach eigenem Bekunden mit dem Silicon Valley konkurriert, der will sich natürlich nicht lumpen lassen.
Der Masterplan der neuen CentraleSupélec stammt von OMA, 2012 hatte das Büro den Wettbewerb für den geplanten gemeinsamen Standort gewonnen. Ein Budget von rund 250 Millionen Euro stehen seither zur Verfügung, über 4.000 Studenten werden dort lernen und rund 1.000 Doktoranden, Lehrer und Forscher in 17 Laboratorien arbeiten. Die Lab City von OMA, deren offizieller Name Bâtiments Gustave Eiffel lautet, ist den „schweren“ Fachgebieten wie Energietechnik, Physik oder Mechanik, aber auch zahlreichen studentischen Organisationen gewidmet, während ein zweites Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite unter anderem die Fakultäten für Mathematik, Informatik und Industrietechnik beherbergt. Entworfen hat dieses Gebäude das Zürcher Büro Gigon/Guyer, die Umsetzung erfolgte in Zusammenarbeit mit Synthèse Architecture aus Arceul.
Benannt ist dieser zweite Neubau, der ebenfalls nun fertiggestellt wurde, nach dem legendären Bauunternehmer Francis Bouygues. Entsprechend des Masterplans konzipieren Annette Gigon und Mike Guyer ihren Entwurf als horizontales Cluster aus einzelnen Bausteinen, die unter einem gemeinsamen Dach durch interne Straßen verbunden sind. Gegliedert ist das Volumen in drei „Universen“, also Bereiche mit unterschiedlichem programmatischem Fokus, die um eine zentrale Halle samt offenem Innenhof herum organisiert sind. Der westliche Teil umfasst dabei Einrichtungen, die dem Zusammenleben dienen, von Kantinen und Restaurants, über sportliche Angebote und Studios zum Musizieren bis hin zu einem Theater. Im Norden sind mit der Verwaltung und der Forschung wiederum unternehmerische Bereiche angeordnet und der östliche Teil dient der konkreten Lehre und dem Experiment. Dort befindet sich außerdem auch ein Hotel für die Gäste der Schule. Die Mischung der Funktionen ist dabei nicht nur das organisatorische Prinzip des gesamten Gebäudes, sondern auch der einzelnen Abschnitte, die wiederum jeweils durch eine eigene Farbgebung gekennzeichnet sind.
Das wichtigste Element des Entwurfs und auch des Zusammenlebens ist jedoch die zentrale Halle, die sich als variable Topographie über alle drei Geschosse des Neubaus entwickelt. Zonen unterschiedlicher Intensität wechseln sich hier mit informellen Sitzgelegenheiten und treppenartigen Tribünen ab, um allen erdenklichen Nutzungen Platz zu geben. Die angrenzende Sporthalle lässt sich außerdem dank beweglicher Wände mit der Halle zu einem wirklich großen Veranstaltungsort verbinden. Die Gestaltung der Interieurs ist ruhig und reduziert. Wo OMA mit einem gewissen luxuriösen Understatement operieren, wünschte man sich hier offensichtlich eine arbeitsamere Atmosphäre. Dafür gibt sich das Gebäude von Gigon/Guyer im Außenraum deutlich expressiver, sind doch die drei Universen auch anhand der Gestaltung der Fassade mit farbigen Kacheln ablesbar. (sb)
Fotos: Philippe Ruault
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0815 Architekt | 06.09.2017 13:53 Uhrschließe mich an
So langweilige Innenräume, mit 90er/2000er Charme.