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24.03.2025

Großstadtblöcke für die Europacity

Zwei Wohn- und Geschäftshäuser in Berlin von Robertneun


Der Bau des neuen Stadtviertels Europacity nördlich des Berliner Hauptbahnhofs nähert sich dem Ende. An der Spitze ist bereits das abschließende, 82 Meter messende Hochhaus von Kleihues + Kleihues erkennbar. Und auch die Blöcke im Quartier Heidestraße sind nun bezugsfertig. Insgesamt entstehen alleine in diesem Abschnitt etwa 295.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche für Gewerbe und Einzelhandel sowie 940 Wohnungen. Im September vergangenen Jahres hatten wir bereits von der Fertigstellung des 510 Meter langen Büroriegels von EM2N berichtet, der das rund 40 Hektar große Quartier gegen den Lärm der angrenzenden Bahntrasse abschirmt. Nun sind auch zwei große Stadtblöcke von Robertneun Architekten fertig. Für beide Grundstücke hatte das Berliner Büro 2017 geladene Wettbewerbe gewonnen – im Mischgebiet und für das Sondergebiet.

Ihre Verwandtschaft ist den beiden 25 Meter hohen Blöcken erst auf den zweiten Blick anzusehen. Denn der kleinere der beiden, genannt QH Straight, trägt ein Kleid aus Betonfertigteilen und der größere, genannt QH Core, eines aus Backstein. Die Funktionsmischung ist aber ähnlich: Zur vierspurigen Heidestraße hin liegen gut einteilbare, offene Büroetagen, während die anderen drei Seiten Wohnungen in unterschiedlichen Größen zwischen 30 und 140 Quadratmetern aufnehmen. Darüber hinaus gibt es Sockelgeschosse mit kleineren Gewerbe-Einheiten.

QH Core


Beide Blöcke bilden geschlossene Innenhöfe für die Bewohner*innen, wobei der Hof des Core erst auf der Decke des Erdgeschosses beginnt. Im tiefen Sockel sind 7.700 Quadratmeter für Handel und Gastronomie entstanden. Mit diesem Nahversorgungs-Sockel wird das bereits 2022 fertiggestellte Gebäude als „Herz“ der nördlichen Europacity eingeführt. Die dunklen Backsteinfassaden sollen daher nicht nur an die industrielle Vergangenheit des Gebiets erinnern. Sondern auch an die öffentlichen Gebäude in Berlin wie Bezirksrathäuser oder Schulen, die oft ebenfalls Backsteinfassaden zeigen. Gesinterte Ziegel betonen die Großform des Blocks, der im Detail dank seiner Laubengänge, Balkone oder teils abgerundeten Ecken auch etwas Verspieltes hat. An der Rückseite mit Blick auf die Bahntrasse sind öffentliche Sitzbänke in die sanft zurückschwingende Fassade eingebaut. Die Freiraumgestaltung im Innenhof und rings um den Backsteinblock stammt von relais Landschaftsarchitekten (Berlin).

QH Straight

Unabhängig vom Material lassen sich viele Gestaltungselemente auch am Betonblock QH Straight entdecken. Während die 63 Meter lange Fassade zur Heidestraße glatt bleibt und alleine durch die großen Panoramafenster der Büros gegliedert wird, sind die 71 Meter langen Nord- und Südfassaden ebenfalls durch tiefe Einschnitte für Loggien in vertikale Türme geteilt. Zur rückseitigen Privatstraße gibt sich der Block wieder glatt. Allerdings deuten die kleineren Fensterformate im Wechsel mit französischen Balkonfenstern die Wohnnutzung im Stadtraum an. Auch die Behandlung der Betonoberflächen zeigt die unterschiedlichen Nutzungen: im Sockelbereich wurden die Fertigteile sandgestrahlt, für die Obergeschosse blieben sie schalungsglatt.

Die Erschließung der Büros im Straight erfolgt über ein mittiges Treppenhaus an der Heidestraße. Für die Wohnungen hingegen wurden in den Seitenfassaden vier große Foyers eingeschnitten, die mit profilierten Betonwänden, Sitzbänken und Glaswänden als helle, großstädtische Geste zu verstehen sind. Die mit handglasierten Klinkerriemchen heiter bestückten Hoffassaden sollen für eine lebendige Atmosphäre sorgen. Entsprechend dem Begrünungskonzept von Lohrengel Landschaft (Berlin) wird sich das Blockinnere in einen „großstädtischen, üppig bewachsenen Hofdschungel“ verwandeln.

Urbanes Leben in der Europacity?


Es ist insbesondere die Gestaltung der Erdgeschosszonen, die Hoffnung weckt, dass im Quartier Heidestraße tatsächlich städtisches Leben einziehen könnte. In beiden Blöcken haben die Architekt*innen die Räume so gestaltet, dass sie in kleinen Einheiten, als Studio, Bar, Laden oder Bistro vermietet werden könnten. Jetzt müssten nur noch die Vermarktungsspezialisten ebenfalls auf eine bunte, kleinteilige Mischung setzen. Diese Hoffnung trübt sich allerdings angesichts der Preise für die Wohnungen im QH Straight. Aktuell werden sie dort für eine Warmmiete von 28 Euro pro Quadratmeter angeboten. Dies vor allem könnte jenes fröhlich urbane Großstadtleben, wie es die Werbebanner entlang der Heidestraße versprechen, dauerhaft verhindern. (fh)

Fotos: Annette Kisling, Arthur Zalewski

[Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Textvariante war die Höhenangabe des Hochhauses von Kleihues + Kleihues nicht richtig. Wir haben das korrigiert]


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