Räumlich liegen sie ziemlich weit auseinander, aber formal sind sie sich ganz nah – mit einer einheitlichen Gestaltung schaffen KAAN Architecten eine architektonische Klammer zwischen zwei neuen Standorten der Universidade Anhembi Morumbi, einer der angesehensten Privatuniversitäten Brasiliens im Bundesstaat São Paulo. Die beiden Neubauten befinden sich in São José dos Campos und in Piracicaba, etwas weiter im Landesinneren.
Das in Rotterdam ansässige Büro, das im vergangenen Jahr eine Dependance in São Paulo eröffnete, entwarf die Campusgebäude für die Medizinfakultät der Hochschule, die zum US-amerikanischen Bildungskonzern Laureate International Universities gehört. Als Bauherren vor Ort fungierten in São José dos Campos die dort sitzende R & G Incorporadora Ltda und in Piracicaba V2 Investimentos aus São Paulo. Koordiniert wurden die Projekte von der Immobilienberatung BRC Group, ebenfalls aus São Paulo. Man kann also getrost vermuten, dass hier bei allen Beteiligten primär ökonomische Interessen im Vordergrund standen. Um so schöner, dass die Architektur durchaus überzeugt.
Beide Bauten lassen mit ihrer funktionalen Eleganz, den klaren Linien und der ästhetischen Qualität des rohen Betons eine explizite Bezugnahme auf die Architektur der brasilianischen Moderne erkennen. Während der Baukörper in São José dos Campos mit drei Geschossen und einer Gesamtfläche von 5.300 Quadratmetern als kompakter Quader auftritt – die Architekten sprechen diesbezüglich von einer „modern day Acropolis“ –, entwickelt sich das zweigeschossige Volumen in Piracicaba mit 6.000 Quadratmetern als langgezogener, flacher Riegel in die Horizontale.
Die Fassaden beider Gebäude sind komplett von eng gesetzten und vertikal ausgerichteten Betonrippen umgeben, die an den kürzeren Seiten Kolonnaden ausbilden. Ihr Schattenwurf mildert die intensive Sonneneinstrahlung, zugleich sorgen die dahinterliegenden, fast geschosshohen Fensterbänder für viel Licht in den Innenräumen.
Die Aufteilung des Raumprogramms folgt der regelmäßigen Logik der äußeren Gestaltung: Den Kern bildet jeweils eine, die Baukörper auf voller Länge und über alle Geschosse durchziehende, Halle mit Belichtung von oben. Die wird durch eine pergolaartige Konstruktion aus Beton und darüber angebrachten Holzelementen gewährleistet. In São José dos Campos wurde für dieses Deckenrippensystem mit Ortbeton gearbeitet, während in Piracicaba Betonfertigteile zur Anwendung kamen.
Dieser zentrale Raum dient in beiden Gebäuden nicht nur der Erschließung, sondern soll vor allem auch Treffpunkt und Ort des Austauschs sein. Rechts und links zweigen die Unterrichts- und Laborräume der Medizinischen Fakultät ab, dazu kommen Büros, physiotherapeutische Einrichtungen, eine Bibliothek und eine Cafeteria. (da)
Fotos: Fran Parente
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