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16.11.2022

Buchtipp: Beyond the Biennale

Zur kulturellen Wirkung der Architekturschau


Die Architektur-Biennale in Venedig bekommt alle zwei Jahre viel Aufmerksamkeit – auch in unserem Medium. Dazu passt der inzwischen teils enorme Aufwand, den die teilnehmenden Länder für ihre Pavillons betreiben. Aber deckt sich dies auch mit der Relevanz der Ausstellung für Fachwelt und Architekturproduktion? Oder handelt es sich einfach nur um einen eitlen Betriebsausflug an die Lagune? Mit ihrem Buch Beyond the Biennale gehen die Herausgeberinnen Bianca Anna Boeckle, Celina Martinez-Cañavate und Peter A. Staub solchen Fragen über die Wirkung von Biennalen nach.

Eindeutige Antworten sind angesichts der Vielschichtigkeit des Untersuchungsgegenstands selbstredend kaum möglich. Wie Riklef Rambow und Lydia Schubert in einem der zentralen Essays des Buches über „Ausstellungen als Medium der Architekturkommunikation“ beschreiben, beginnt dies schon bei der manchmal sehr unterschiedlichen Genese der verschiedenen Teilbereiche des Megaevents. Gerade die nationalen Pavillons sind oft Teil der Kulturpolitik, mit einer entsprechenden Öffentlichkeit bereits in der Findungsphase. Bei anderen Ländern haben die Beiträge hingegen einen informelleren Background mit einem gewissen Abstand zum Architekturbetrieb. Selbst bei den Biennale-Beiträgen der (teils) deutschsprachigen Länder Österreich, Schweiz, Deutschland und Liechtenstein lässt sich dies beobachten, wie anhand der im Buch präsentierten Dokumentation der Pavillons seit 2014 deutlich wird.

Im Buch nachzulesen sind auch Interviews mit früheren Kurator*innen wie Christian Kerez, Elke Delugan-Meissl und Andreas Ruby. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit von Biennalen führt beispielsweise Kerez an, dass jene Studien zu Favelas, an denen er 2016 im Rahmen der Hauptausstellung von Alejandro Aravena beteiligt war, seither auch von Architekt*innen vor Ort für eigene Projekte genutzt werden. Und Delugan-Meissel identifiziert den persönlichen Austausch über ähnliche Fragestellungen, aber vor variierenden kulturellen Hintergründen, als Mehrwert einer globalen Biennale an einem spezifischen Ort. Das Buch liefert damit auch für alle Biennale-Interessierten einen sehenswerten Rückblick hinter die Kulissen.

Hinsichtlich der Beiträge ist allerdings anzumerken, dass hier vor allem Protagonist*innen zu Wort kommen, die selbst Teil des Biennale-Zirkus sind. Gerne würde man jenseits von informierten Annahmen mehr über konkrete Rückkoppelungseffekte erfahren – oder auch mal von jemandem hören wollen, der sagt: Biennale, das ist Blödsinn, das hat im Berufsalltag keinerlei Bedeutung. Zumindest in ihrem Schlussessay, in dem die Herausgeber*innen die unterschiedlichen Wirkebenen der Biennale detailliert herausarbeiten, merken sie immerhin kritisch an, dass insbesondere der Dialog mit Entscheider*innen außerhalb der Fachkreise noch gestärkt werden könnte.

Text: Stephan Becker


Beyond the Biennale.
Diskurse zur kulturellen Wirkung der Internationalen Architekturbiennale in Venedig
Bianca Anna Boeckle, Celina Martinez-Cañavate, Peter A. Staub (Hg.)
Deutsch, Englisch
216 Seiten
Triest, Zürich/St. Gallen 2022
ISBN 978-3-03863-067-8
39 Euro


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