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12.02.2024

Grundsteinlegung in Berlin

Zur Planungsgeschichte von berlin modern


Am Freitag wurde in Berlin der Grundstein für berlin modern gelegt. So wird inzwischen das Museum der Moderne genannt, das nach Plänen von Herzog & de Meuron zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie entstehen soll. Unser Autor reflektiert die unrühmliche Planungsgeschichte des bereits jetzt teuersten Museumsneubaus Deutschlands.

Von Nikolaus Bernau

Am Freitag wurde der Grundstein für das Berliner Museum der Moderne gelegt, das neuerdings – in Kleinschreibung a la Werbe-Mode der 2010er – berlin modern genannt wird. Es ist ein Projekt, dessen Nicht-Realisierung Kritiker vielstimmig gefordert hatten. Weil die Jury des Wettbewerbs 2016 mit der „Scheune“ aus Ziegeln und mit Schrägdach von Herzog & de Meuron (Basel) einen Entwurf prämiert hatte, der in keinster Weise heutigen ökologischen Anforderungen entspricht und sich die kalkulierten Baukosten inzwischen mehr als verdoppelt haben.

Immerhin, Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) – ja, man kann es ihr nach allem, was durchsickerte, offenbar alleine zurechnen – setzte mit massivem politischem Druck gegen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Architekten einige Umplanungen durch: leichtere Konstruktionen, Solardach etc. Nichts, was nicht andernorts längst Standard des Museumsbaus wäre.

Während sie die Bedeutung des Neubaus als Korrektur der Katastrophe der Nazizeit priesen, schwiegen sich alle Redner*innen (Hermann Parzinger, Claudia Roth, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener (CDU), Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) und Nationalgaleriedirektor Klaus Biesenbach) bei der Grundsteinlegung eisern über die Baukosten aus. Und das, obwohl berlin modern schon jetzt der mit Abstand teuerste Museumsneubau mindestens der deutschen Geschichte ist.

Ursprünglich wollten die Staatlichen Museen nur einen reinen Ausstellungsbau errichten, ohne Werkstätten und Depots. Damals, 2012 kalkulierte man mit etwa 149 Millionen Euro Baukosten – wenn das Gebäude direkt neben den bestehenden Museumshäusern entstehen könne. Stiftungs-Präsident Hermann Parzinger plädierte deswegen 2013 vehement gegen einen Neubau mitten auf dem Kulturforum, weil das zu einer Doppelung aller Funktionsräume führen würde. Aber der Bundestag bewilligte 2014 völlig überraschend den Antrag der damaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) über 200 Millionen Euro Baukosten.

Sie entschied, auch auf Druck von Privatsammlern: Es wird auf der Mitte des Kulturforums gebaut. Das Projekt am heutigen Ort ist also Folge einer rein politischen Entscheidung. Doch die Kritik am Wettbewerbsentwurf von 2016 trifft nicht nur den Städtebau, sondern auch die brutale Rückseite des Projekts von Herzog & den Meuron hin zur Neuen Nationalgalerie Mies van der Rohes, die Energie- und Ökobilanz sowie die Funktionalität und die zu erwartenden Betriebskosten. Nicht einmal die Stiftung Preußischer Kulturbesitz konnte auf Nachfrage eine positive Rezension des Entwurfs finden.

Trotzdem bewilligte der Bundestag, als der Entwurf von Herzog & de Meuron ausgearbeitet war, eine abermalige Baukostensteigerung auf 364 Millionen Euro, inklusive Risikozuschläge 450 Millionen Euro. Dies gilt inzwischen als Mindestsumme.

Zum Vergleich: Der funktionsgleiche, 2020 eröffnete Erweiterungsbau der Kunsthalle in Mannheim, gebaut nach Plänen von gmp, umfasst ähnlich große Foyerhallen und viele, klare Ausstellungsräume für die exquisite Sammlung, steht sogar auf ähnlich schlechtem Baugrund. Die Baukosten pro Quadratmeter Nutzfläche: 5.300 Euro. In Berlin sind es bezogen auf die 450 Millionen mindestens 31.300 Euro. Das Sechsfache! Sogar die von Kleihues und Schuwerk entworfene, luxuriöse Nationalgalerie in Oslo ist im Vergleich mit etwa 13.000 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche preiswerter.

Nicht, dass dies das einzige Desaster der Kulturbaupolitik des Bundes in Berlin ist. Verwiesen sei nur auf den Skandal um das Pergamonmuseum: Der Radikalumbau gegen allen Ratschlag der Denkmalpflege verteuerte sich von 385 Millionen für das Gesamtprojekt um 2010 auf inzwischen 1,3 Milliarden Euro. Egal, welches Projekt der Bundeskulturbaupolitik seit 1990 auch betrachtet wird: Das Neue Museum, die Neue Nationalgalerie, die Staatsbibliothek Unter den Linden und in gewissem Rahmen auch das Humboldt Forum sind die Ausnahmen in einer Geschichte voller Verzögerungen, technischer Rückständigkeit, ökologischer und funktionaler Ineffizienz und dramatisch steigender Kosten.

Sicher gibt es dafür Erklärungen. Aber es darf nicht vergessen werden: Die Verwaltungen agieren letztlich nach den Vorgaben der Kulturpolitik. Und wirklich alle Skandalprojekte wurden trotz reichlicher Vorwarnungen vieler Fachleute geplant und gebaut. Das Desaster auf dem Kulturforum wird also nicht das letzte sein, weil die Kernfrage nach der Verantwortung bei Kulturbaukosten nicht beantwortet ist. In Deutschland aber gilt viel zu oft der scheinbar alles rechtfertigende Satz von Monika Grütters gegenüber dem Autor: „Aber das Geld kommt doch der Kunst zugute.“

Der überdimensionale Grundstein wurde übrigens, als das Publikum weg war, wieder aus der Baugrube gehoben. Er kann nicht weiter verwendet werden, es sei denn als Schmuckstück in einem Foyer. Auch das ist charakteristisch für dieses Projekt.


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Das Kulturforum mit der Baugrube von berlin modern (Juli 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Das Kulturforum mit der Baugrube von berlin modern (Juli 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Baugrube des Museumsneubaus berlin modern in Richtung St. Matthäus-Kirche (August 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Baugrube des Museumsneubaus berlin modern in Richtung St. Matthäus-Kirche (August 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Aushubarbeiten der Baugrube und Herstellung der Baugrubensohle (Juni 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Aushubarbeiten der Baugrube und Herstellung der Baugrubensohle (Juni 2023). Foto: © Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding / Bundesbau Baden-Württemberg / SPK

Zustand der Baugrube am Tag der Grundsteinlegung im Februar 2024. Foto: Nikolaus Bernau

Zustand der Baugrube am Tag der Grundsteinlegung im Februar 2024. Foto: Nikolaus Bernau

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