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16.12.2020

Berliner Bauakademie

Zur Neuausschreibung des Direktorenpostens


Die Stelle der Gründungsdirektion der Bauakademie in Berlin ist neu ausgeschrieben. Was steht zwischen den Zeilen? Und was heißt das für das Projekt, den Ort und die gesuchte Person?

Ein Kommentar von Florian Heilmeyer

Vor fast genau einem Jahr endete die erste Ausschreibung zur Besetzung der Gründungsdirektion der Bundesstiftung Bauakademie. Die Entscheidung für Staatssekretär Florian Pronold rief breite Kritik hervor, in einem Offenen Brief forderten 600 Unterzeichner*innen aus der Kultur-, Museums- und Architekturwelt, die Wahl zurückzunehmen. Statt einer politischen Entscheidung folgten Klagen und Gegenklagen, doch der Stiftungsrat blieb selbst dann passiv, als der designierte Direktor seinen Rücktritt anbot. Die Klage eines Mitbewerbers gegen die Besetzung wurde stattdessen bis zur zweiten Instanz durchgefochten, wo ihr stattgegeben wurde.

Vor dem Landesarbeitsgericht war es dabei wohlgemerkt weniger um die Qualifikationen der Bewerber gegangen als vielmehr um die Rechtsform der Stiftung. Das Gericht bewertete das Amt der Gründungsdirektion als ein öffentliches, und fand es wenig nachvollziehbar, dass die Bundesstiftung Bauakademie vom Bundestag als „Stiftung bürgerlichen Rechts“ gegründet worden war, obwohl sie bis auf Weiteres öffentlich finanziert und politisch kontrolliert sein wird. Diese Fragen sind bis heute unbeantwortet geblieben wie so vieles in diesem doch reichlich merkwürdigen Prozess.

Nun ist die Stelle neu ausgeschrieben. Die Rechtsform der Stiftung bleibt unverändert, neben der Vizedirektorin Julia Rust sind inzwischen fünf weitere Stellen besetzt (Sachbearbeiter, Referenten, stellvertretender Vorstand, Justitiar, Öffentlichkeitsarbeit). Drei zusätzliche sollen laut Aussage des BMI bis Jahresende besetzt sein.

Im Vergleich zum alten Ausschreibungstext ist der Fokus des neuen in feinsten Nuancen verschoben. So brauchen Bewerber*innen kein „für die Themen der Bauakademie relevantes Hochschulstudium“ mehr, sondern nur noch ein „abgeschlossenes Universitätsstudium“. Viele andere Qualifikationen sind mit dem Zusatz „idealerweise“ abgeschwächt. Es wird auch niemand mehr erwartet, der/die „in der Welt des Bauens angesehen und themenübergreifend tätig“ ist. Stattdessen ist Erfahrung „in der Arbeit mir politischen Gremien und Interessensgruppen“ gefragt und jemand, der „die Akteure für die Themen der Bauakademie gewinnt und ihnen Raum für Gestaltungsmöglichkeiten gibt.“  

Wollte sich Pronold erneut bewerben, hätte eine Klage gegen seine nochmalige Benennung diesmal deutlich weniger Aussichten auf Erfolg. Allerdings erklärte der SPD-Politiker bereits vorab, „sich auch angesichts der deutlich aufgeweichten Stellenausschreibung nicht noch einmal bewerben zu wollen“.

Ebenfalls verändert hat sich die Zusammensetzung der Findungskommission – und dies ist wohl der deutlichste Hinweis auf die gewünschte inhaltliche Ausrichtung der Stiftung. Neben den drei politisch besetzten Stellen werden nun sechs „Repräsentanten der in der Bauakademie abgebildeten Themenfelder“ in dieser Kommission sitzen, wie ein Pressesprecher des BMI mitteilt. Dies sind: Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, die Bundesarchitektenkammer, die Bundesingenieurkammer, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Deutsche Akademie für Städtebau sowie der Zentralverband des Deutschen Handwerks. Namentlich werden die Repräsentanten nicht benannt, auf Nachfrage beruft sich die Pressestelle auf den „Schutz von Persönlichkeitsrechten“. Dies ist wohl als Reaktion auf die vielstimmige Kritik zu verstehen, die vor allem aus der Architektenschaft sehr direkt an ihre Vertreterin in der letzten Findungskommission, die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann, herangetragen worden war.

Diese Zusammensetzung lässt erkennen, dass die kommende Bauakademie als „Werkstatt und Forum“ vor allem auch die Bauwirtschaft und Bauindustrie repräsentieren soll. Das ist eine inhaltliche Ausrichtung, die auch am Rande der Diskussionen um Florian Pronold schon zu ahnen war, als in Nebensätzen immer wieder auftauchte, dass die Bauakademie eben kein Architekturforum werden würde. Aber wer hat diese Ausrichtung wann beschlossen und in die Wege geleitet? Während des öffentlichen Dialogforums 2017 war das so nicht zu erkennen.

Anstatt also die neue Ausschreibung als Befreiungsschlag zu nutzen und den Prozess dieser wichtigen Stiftungsneugründung inklusive Neubauprojekt in der Mitte Berlins mit mehr Transparenz auszustatten, wird die Ausschreibung juristisch abgedichtet und werden die Entscheidungsträger durch Anonymität einer öffentlichen Diskussion entzogen. Dabei findet ja schon seit weit über einem Jahr keine inhaltliche Diskussion mehr statt, jedenfalls nicht öffentlich, da niemand diese Bauakademie nach außen vertritt, Entscheidungen verantwortet und verteidigt.

Stattdessen wird stets auf die gesuchte Besetzung der Gründungsdirektion verwiesen, aus der inzwischen entgegen aller aufgeweichten Anforderungen eine eierlegende Wollmilchsau geworden ist. Diese Person müsste idealerweise alles können: Für die Stiftung Bauakademie mit dem nun bereits bestehenden Team müsste sie eine kulturelle Unabhängigkeit gegen all die Übergriffe aus Politik und Bauwirtschaft erkämpfen, ihr dadurch ein akzeptables Start-Renommee verleihen, damit kulturelle und wirtschaftliche Partner in Berlin, Deutschland und international gefunden werden können – und dabei auch noch Gelder akquirieren, um dann vielleicht sogar eigene Inhalte setzen zu können. Das alles bitte auch kindgerecht und barrierefrei. Denn parallel dazu soll ja zu Jahresbeginn ein Raumprogramm entwickelt werden, auf dem der Architekturwettbewerb für die „Wiedererrichtung der Schinkel'schen Bauakademie“ im kommenden Jahr ausgeschrieben werden soll.

Wer könnte das sein? Und wenn es so jemanden gäbe, würde er oder sie sich dann tatsächlich ausgerechnet auf diese so vorbelastete Stelle bewerben?

Inzwischen muss man wirklich fragen, ob die Verwendung der vom Haushaltsausschuss 2016 freigegebenen 62 Millionen Euro für die Wiedererrichtung der Bauakademie eine sinnvolle Investition öffentlicher Gelder ist. Was wird denn da für wen gebaut? Auf den Dialogforen 2017 war unter anderem auch gefordert worden, dass der Architekturwettbewerb unbedingt so zu formulieren sei, dass er Ideen zulässt, die eine Interpretation der historischen Hülle gemäß der neuen Inhalte zeigen. Nur das wäre ein echter, architektonischer Ideenwettbewerb. Um ein gutes Gebäude zu entwerfen und um die Frage zu beantworten, „wie viel Schinkel“ es denn sein kann, müssten diese Inhalte ja zuerst klar sein. Sonst haben wir eine ganz ähnliche Situation wie beim Berliner Stadtschloss. Und das wäre für die Schinkelsche Bauakademie doch ein arg trauriges Schicksal.


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