Von Daniel Lohmann
Im Sommer 2022 bot der große Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt unserer Fakultät für Architektur an der TH Köln seine private Arbeitsbibliothek an, da er im Begriff war sein Kölner Wohnhaus zu verlassen und in die Nähe seiner Familie zu ziehen. Bei einem der sympathischen Vorgespräche entstand die Idee, die Bücher im Haus zu belassen und dieses in ein Studienhaus für Architektur(geschichte) umzuwandeln.
Pehnts Freude über diese Idee, das Haus weiterhin im Sinne seines Lebensthemas zu nutzen, wird mir lebhaft in Erinnerung bleiben. So zogen im Winter drei Studentinnen in das Haus. Gleichzeitig dient dieses besondere Domizil – erbaut um 1974 von Wolfgang Meisenheimer – auch als Forschungsobjekt, Studien- und Veranstaltungsort. Im Sommer diesen Jahres war der Hausherr selbst dann wiederum in Köln, um sein letzterschienenes großartiges Buch Städtebau des Erinnerns an einem sonnigen Abend vor viel Publikum im Wohnzimmer des Hauses vorzustellen.
In der Kölner Architekturfakultät war Wolfgang Pehnt schon vor dem Hausprojekt ein häufig gesehener und willkommener Gast. Neben seinen Beiträgen zur Vortragsreihe „architectural tuesday“ oder Texten zu Veröffentlichungen aus dem Umfeld der Fakultät (wie sein Buch über Paul Böhms Werk oder ein Aufsatz in unserem Buch Mies im Westen), trug er auch Wertvolles zur Fachkultur in seiner Wahlheimat Köln und dem Rheinland bei.
Doch sein Wirkungsfeld war viel breiter und sein Beitrag zur Architekturgeschichtsschreibung und -kritik viel größer. Pehnt hat durch seine zahlreichen Bücher, Artikel und Zeitungsbeiträge, Vorträge und vieles mehr seit sage und schreibe über sechzig Jahren den Diskurs maßgeblich geprägt. Er wurde zurecht bekannt als wortgewandter Historiker und Kritiker, der unser Verständnis der europäischen und deutschen Architektur insbesondere der letzten beiden Jahrhunderte mitbestimmt hat. Seien es seine grundlegenden Arbeiten zum Expressionismus, Monographien zu großen Architekten wie Rudolf Schwarz oder Hans Poelzig, oder seine pointierten Essays, die auch als Sammlungen zu Standardwerken wurden.
Pehnt vermochte es immer, Architektur ideengeschichtlich zu erklären, ganzheitlich unter Einbezug von städtischen Aspekten, Entwurfsfragen, bis hin zur Konstruktion. Doch bei aller theoretisch fundierten Fachlichkeit wird vor allem in seiner Architekturgeschichtsschreibung das Bauen immer als eine Kulturleistung von Menschen für Menschen verdeutlicht – insbesondere durch die ihm so eigene, bildreiche Sprache. So entstanden Bücher, die für mehrere Generationen von Studierenden und Fachkolleg*innen zu Standardwerken wurden.
Pehnt war ein zugewandter, aber kritischer Beobachter, integer und von klarer Haltung. Wir haben ihn kennenlernen dürfen als einen sympathischen und humorvollen Menschen von großer Neugier, Offenheit und Begeisterungsfähigkeit – so auch für das Experiment „Pehnthaus“, das derzeit in seinem Wohnhaus stattfindet. Es verband uns auch mit seiner Familie, mit der er nun seine letzten Monate und Stunden verbringen konnte. Am Sonntag, 17. Oktober starb er im stolzen Alter von 92 Jahren friedlich in diesem Kreis. Auch wir werden ihn vermissen.
Dieser Nachruf erschien ursprünglich auf der Webseite der TH Köln. Die Zweitveröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der TH Köln und des Autors.
Zum Thema:
Zum 90. Geburtstag Pehnts vor zwei Jahren schrieb Franziska Bollerey einen langen Beitrag für BauNetz und fasste dort die wichtigsten beruflichen Stationen und Publikationen zusammen.