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03.11.2011
Fehlende Stimme
Zum Tod von Hartmut Häußermann
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flashback | 04.11.2011 10:48 UhrFehlende Stimmen
Die Wahrheit gegen den opportunistischen Mainstream auszusprechen kostet Kraft. Es stellt sich wirklich die Frage, wie wir wieder mehr Zivil-Courage in die Welt der verunsicherten Architekten und Politiker bringen. So wie Werner Sewing und Hartmut Häußermann dies unerschrocken und unermüdlich getan haben. Ich vermute, es beginnt mit der intellektuellen Neugier gegenüber anders Denkenden und nicht mit der Sicherung vermeintlicher Pfründe.
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Stefan Frischauf | 04.11.2011 10:37 UhrEinsamer Mahner in der Wueste
Klar, dass da keiner nachkommt. Wer heute in die Fusstapfen dieses Mannes treten wuerde - zumal von Architektenseite - der hat es in diesen Zeiten mehr als schwer. Und - Herr Haeussermann hat nicht zu Unrecht die Architekten als Handlanger der post-fordistischen Stadtzerstoerer bezeichnet - darin natuerlich durchaus auch auf Philipp Johnson's saloppes "I'm a whore" zurueckgehend. In Zeiten, in denen sich vieles bewahrheitet hat, was der einsame Mahner da schon lange anmahnte muesste endlich auch die Planung selbst Verantwortung uebernehmen und Konzepte entwickeln, die Gentrifizierung wirkungsvoll angeht und sinnreiche Alternativen - auch und gerade auf dem Sektor der Bedarfsermittlung von Stadt und Buergerschaft ermittelt. Winwin-Situationen solcher Art jedoch sind in Zeiten alternativloser Planungsverfahren - in denen der Bremer Kulturwissenschaftler und Essayist Michael Glasmeier vom "Primat des Oekonomischen" und die indische Schriftstellerin und Journalistin - und gelernte Archiektin Arundhati Roy von "oekonomischem Totlaitarismus" als weltumspannendes System sprechen kaum gewuenscht. "Business as Usual" -sehenden Auges in die deregulierte post-fordistische Stadt - das scheint allumfassende Devise.
Erst wenn wir eine Demokratie - auch in der Planung dieses Landes im Kern Europas haben werden sich Menschen in seinen Fussstapfen auf den Weg machen koennen und vor allem - sie werden dann eben auch gehoert werden. Derzeit sind wir von diesen beiden Voraussetzungen weit entfernt.
Der gute Mann moege insofern in Frieden ruhen.
1
behrend | 03.11.2011 17:20 Uhrder tod muss sterben
Erst Sewing, nun Häußermann. Es scheint, dass gerade jene Stimmen, die mir durch all die Stimmann-Jahre hinweg Hoffnung gegeben haben, nun verstummen, obwohl sie sicher noch viel zu sagen, zu schreiben und zu kommentieren gehabt hätten. Wer tritt an ihre Stelle? Ich sehe derzeit niemanden von gleichwertigem intellektuellem Format. Wie schade, wie traurig.
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Stefan Frischauf | 06.11.2011 12:39 Uhr@flashback - Handwerk und anderes
Wie sagt der gute Richard Sennett doch so schoen in seinem zuletzt erschienenen - unbedingt zu empfehlenden Buch "Handwerk" noch:
Gute Arbeit leisten heisst neugierig sein, forschen und aus Unklarheiten lernen.
Und - dann moege man den Gedanken weiterspinnen - sind die Architekten a) zu weiten Teilen bereits jenseits von "gutem Handwerk" angelangt und b) traut sich da keiner mehr hinter die Fassade des schoenen Scheins zu blicken und c) geht's da vielen Architekten scheinbar immer noch sehr gut auf den vielfach verzerrten Maerkten oder d) haben die alle Angst vor Marktnischen- und Gesichtsverlust ? oder e) haben die meisten schon resigniert und haben sich in Anbetracht der Marktbeherrschung durch einige Wenige in andere Berufsfelder - oder eben - die Erstellung von Carports nach Feierabend begeben?
Zu f) koennte man anfuegen - als Architekt schaeme ich mich manchmal fuer das Geblubber, das da allzu haeufig ausgestossen wird. Da redet ein alternder Star-Architekt von China - hat aber sicher ausser dem Flughafen und der Neustadt und seinen eigenen Germania-Traeumen da noch nichts vom Reich, das da um seine Mitte ringt gesehen. Und - "Nachhaltigkeit" -mein Steuerberater hat mal von "Bullshit-Bingo" fuer langweilige BWL-Vorlesungen mit den ueblichen 10 Fuellwoertern auf der Liste erzaehlt - fuer die richtige Anzahl gerade dieses Fuellwortes muesste es Sonderpunkte geben. Im (End-)Zeitalter der kurzfristigen Profitmaximierung und entsprechenden oekonomischen Blasenbildung bei gleichzeitiger Ausklammerung essentieller gesellschaftlicher Beduerfnisse ist das Wort "Nachhaltigkeit" zumeist nichts anderes als ein Hohn.
Vielleicht sollte man eher von flaechendeckend gesteuerter Gentrifizierung bei gleichzeitiger Cachierung derselben mit Alibi-Woertern sprechen.
Der Blick ueber den architektonisch formalen Tellerand ist kein leichter. Letztlich gehen aber Form und Inhalt nur immer zusammen oder - erfuellen Architektur und Staedtebau inzwischen alleine formalen Selbstzweck ?
Bisweilen macht es so den Anschein.
Schade, dass Herr Haeussermann darauf nicht mehr antworten kann. Habe ihn leider zu spaet kontaktiert und leider eine recht verzweifelt klingende Antwort erhalten. Vielleicht ahnte er schon von seinem baldigen Ende.
Es wird wirklich Zeit, dass Architekten und Planer sich dieser seiner Themen - und eines intensiveren Dialogs mit (Stadt-)Soziologen und (Stadt-) Oekonomen und anderer angrenzender Fakultaeten annehmen. Und - viel intensiver mit Sozialarbeitern und Quartiers-/ Buergerinitiativen zusammenarbeiten. Ich denke, das sind wir dem einsamen Mahner schuldig.
Aber - auch dafuer ist eine Praemisse erforderlich, die man in diesen Tagen in Deutschland nur marginal antrifft - Offenheit und - Angstlosigkeit. Da bekanntlich die Hoffnung zuletzt stirbt und derzeit ja mancher "aufwacht" - selbst in Deutschland - kann es eigentlich fast nur noch besser werden.