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06.01.2016

Zwischen Wagemut und Strenge

Zum Tod von Dieter G. Baumewerd


Von Stefan Rethfeld

Er zählte zu den stilleren Architekten der Republik. Einer größeren Öffentlichkeit fiel er erst auf, als er in Berlin 1998 den Wettbewerb für die neue Apostolische Nuntiatur gewann und diese für den Vatikanstaat realisierte. Zeitlebens sollten ihn die universalen Raumfragen der Kirche leiten mit ihren Ausdrucksebenen von Gebäude, Gebrauch und Gerät.

Als Sohn des Dom- und Diözesanbaumeisters Wilhelm Baumewerd (1900–1962) wird er 1932 in Braunsberg / Ostpreußen geboren. Nach 1945 kehrt die Familie zurück ins ursprünglich heimatliche Münster, wo noch das großelterliche Haus stand. Nach einer Malerlehre (1948–51) und praktischer Tätigkeit auf Baustellen absolviert Dieter Baumewerd im väterlichen Büro eine Bauzeichner-Ausbildung. Von 1955–1962 studiert er an der Kunstakademie Düsseldorf bei Hans Schwippert und Rudolf Schwarz (1897–1961), dessen Meisterschüler und studentischer Büromitarbeiter er wird. Seine weitgesteckten Raum-Gedanken sollten ihn prägen. Noch als Student gewinnt er 1958 zusammen mit seinem Vater einen ersten Wettbewerb zum Neubau des Oberverwaltungsgerichtes in Münster. Als der Vater unerwartet stirbt, übernimmt er die laufenden Projekte und macht sich 1962 selbstständig.

Als jüngster Teilnehmer kann er sich im gleichen Jahr bei einem Wettbewerb zum Neubau der Heilig-Geist-Kirche in Emmerich durchsetzen, deren wagemutige, erneuernde Raumsprache er zeitgleich zum Zweiten Vatikanischen Konzil 1963–66 ausführt. Ebenso raumbildend und konstruktiv aufgeschlossen zeigt er sich beim Bau des Gemeindezentrums Heilig-Geist in Emsdetten (1970–72): Die ungewöhnlich verschachtelte, wabenartige Deckenkonstruktion erzeugt er mit Betonfertigteilen. Zur gleichen Zeit gelingt ihm mit dem Wohnhaus Dr. Kemper auch eines der bis heute experimentellsten Einzelhäuser in der Münsteraner Altstadt, mit Sichtbeton und U-Bahn-Fliesen, offenem Grundriss und Galeriegeschoss. Wer hier den Blick von innen nach außen schweifen lässt, spürt eine große Übereinkunft von Welt draußen und Welt drinnen.

Von 1971 bis 1996 wirkt Baumewerd als Entwurfsprofessor an der Werkkunstschule, später der Fachhochschule Dortmund. Weitere Kirchen, Gemeindehäuser und Wohnanlagen entstehen. In Trier liefert er zusammen mit Gottfried Böhm und Alois Peitz ein frühes Kirchen-Umnutzungsprojekt (1989–1995): Die Basilika St. Maximin wird zur Turnhalle. Gerade die Zeit nach seiner Emeritierung ist nochmals von großer Schaffenskraft gekennzeichnet. Ob konzentrierte Arbeiten im Denkmalschutz (Sanierung von Rathaus, Stadtweinhaus, Lotharinger Kloster in Münster) oder neue sorgfältig konzipierte Kirchen und Kapellen in Westfalen und auf Sylt sowie kirchliche Museen mit kostbaren Sammlungen in Liesborn und Xanten. Mit der Sparkassenzentrale Münster (1997–2001) sind es auch zunehmend Verwaltungsbauten für Banken und Versicherungen, die er in strenger Raumsprache an Straßen und Plätze setzt. Die Deutsche Botschaft in Santiago de Chile (2000–2002) eröffnet für ihn ein weiteres Feld: Auch die Botschaft in Madrid wurde von ihm saniert, zuletzt wirkte er an der Neugestaltung der Kanzlei der Botschaft in Paris.

Nahezu alle Aufträge erzielte er in Architekturwettbewerben. Sein Engagement galt hier häufig auch der anderen Seite. Als Jurymitglied unterstützte er nicht selten den Wagemut junger Kollegen. Sein Lebenswerk zeugt von der Vielseitigkeit seines Wirkens. Oft hat er sich auch zu Wort gemeldet für die Sache. Sei es 1987–1991 als Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Architekten NRW oder als Bürger für seine Heimatstadt Münster. 2007 legte er einen Plan zur Neugestaltung des bis heute brachliegenden Schlossplatzes vor – nunmehr ein Vermächtnis für die Zukunft. Am 19. Dezember 2015 ist Dieter G. Baumewerd im Alter von 83 Jahren gestorben. Dorthin – gen Himmel – hat er am liebsten gebaut.


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Apostolische Nuntiatur Berlin (1998–2001)

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Heilig-Geist-Kirche Emmerich (1962–1966)

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Dieter G. Baumewerd (1932–2015)

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