Am 3. Mai 2021 ist der Architekt und Stadtplaner Christian Farenholtz gestorben. Er war einer der bahnbrechenden und zugleich reflektiertesten Wegbereiter der modernen Stadtplanung und des integrativen Städtebaus.
Von Olaf Bartels
Das Berufsleben von Christian Farenholtz stand ganz im Zeichen der Moderne. 1923 in Magdeburg geboren, studierte er nach den Wirren des Krieges Architektur und Städtebau an der TH Braunschweig – vor allem bei Friedrich Wilhelm Kramer, Johannes Göderitz und Hermann Flesche. Letzterer brachte ihn an das Stadtplanungsamt nach Lübeck und durch die Arbeit dort kam er schon früh den alltäglichen und sozialen Aspekten des Städtebaus nahe. „Profanbauten in Lübeck“ waren das Thema seiner Dissertation 1956. Bereits 1954 war er in das Landesplanungsamt der Baubehörde in Hamburg eingetreten und arbeitete in dieser Zeit eng mit dem damaligen Oberbaudirektor Werner Hebebrand und mit Ernst May zusammen, der leitend für die gewerkschaftseigene Wohnungsbaugesellschaft Neue Heimat großflächig den Ersatz von Ruinenfeldern und Altbauquartieren durch gänzlich neue Wohngebiete plante. Für die Hamburger Baubehörde begleitete Farenholtz unter anderem die Planungen für Neu-Altona, den Durchbruch der Ost-West-Straße sowie für die City Nord.
Zugleich engagierte er sich für die rechtlichen Instrumente der Stadtplanung wie die Baunutzungsverordnung und wandte sich bereits 1962 in einem Vortrag vor der damaligen Landesgruppe Hamburg-Schleswig-Holstein der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) gegen die von seinem Lehrer Johannes Göderitz mitpropagierte „Gegliederte und aufgelockerte Stadt“. Die nach diesem Prinzip entstandenen Quartiere hätten nicht zu einer Gliederung der Stadt, sondern zu einer zusammenhanglosen Aufsplitterung der Bebauung, nicht zur Auflockerung, sondern zur Auflösung der Städte und zur Zersiedlung der Räume geführt.
Debatten um Kahlschlagsanierung und Zersiedelung bestimmten auch seine Zeit als Baubürgermeister in Stuttgart 1965 bis 1973. Farenholtz hörte dabei kritischen Stimmen lieber zu als diese – wie in der Verwaltung empfohlen – durch die Polizei vertreiben zu lassen. Mit dem Stadtsoziologen Hans Paul Bahrdt, dessen bekannteste Publikation 1968 „Humaner Städtebau“ hieß, entwickelte er die soziale Stadtplanung zu einem Herzstück der Stadterneuerung und gab dem Städtebauförderungsgesetz damit wichtige Impulse. Der Erfolg dieses Gesetzes, dessen Inkrafttreten sich dieses Jahr zum 50. Mal jährt, löste schließlich die Kahlschlagsanierung durch eine kleinteilige und sozialorientierte Stadtsanierungsplanung ab.
1973 kehrte Christian Farenholtz nach Hamburg zurück. Das Angebot, das Erbe des Hebebrand Nachfolgers Otto Sill als Oberbaudirektors anzutreten, hatte er zwar bereits 1971 abgelehnt. Als Geschäftsführer der Gesellschaft für Wohnungs- und Siedlungswesen (GEWOS) und deren Institut für Stadt-, Regional- und Wohnungsforschung widmet er sich dann aber der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Wohnungsbau und der Stadtplanung. Ab 1980 war er als Gründungsprofessor entscheidend am Aufbau des Studiengangs Städtebau/Stadtplanung an der TU Hamburg-Harburg beteiligt, der mittlerweile in der HafenCity Universität HCU aufgegangen ist.
Planung verstand Christian Farenholtz als einen sozialen Dialog, nicht als eine obrigkeitliche Angelegenheit. Stadtplanung, Städtebau und Architektur waren für ihn deshalb keine Herrschaftsinstrumente, sie sollten Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses sein. Um diesem zu fördern, rief er – selbst schon im hohen Alter – in der Landesgruppe Nord der DASL in Zusammenarbeit mit der Hamburgischen Architektenkammer das Hamburger Architekturquartett ins Leben. Christian Farenholtz starb im Alter von 98 Jahren.