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23.08.2010

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Sprachlosigkeit des Sterbens

Zum Tod vom Christoph Schlingensief


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Voller Energie soll er gewesen sein. Voller Leben. Doch sein 2008 diagnostizierter Lungenkrebs verlangte nach einem langen Kampf das, was er am meisten fürchtete: den Tod. Am vergangenen Samstag ist Christoph Maria Schlingensief im Kreise seiner Familie gestorben. Im Oktober wäre er 50 geworden.

Die Angst als eines seiner Leitmotive hatte ihn seit 2008 stets begleitet, ja verfolgt. 2009 hatte er seine Ängste und Fragen in einem Buch veröffentlicht – „So schön wie hier kann es im Himmel gar nicht sein“ nannte er sein „Tagebuch einer Krebserkrankung“. Schlingensief, der im Scheitern schon immer eine Chance sah, hatte zuletzt sein eigenes Scheitern, seinen nahenden Tod, in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gestellt. Er, der Deutschland mit seiner Kunst und seinem Tun so oft schockiert hatte, provozierte die Gesellschaft am Ende mit etwas, das natürlicher nicht sein könnte. Die Nachrufe in den Medien zeigen, wie sehr Deutschland nun seinen intellektuellen Rebellen vermisst.

Der 1960 in Oberhausen geborene Regisseur, Theatermacher und Künstler, das so genannte  „Enfant Terrible der Deutschen Theaterlandschaft“, war vor allem eins: Nichtraucher. Zufall oder Ironie des Schicksals? Seit seiner Krebsdiagnose hat Schlingensief gelebt und gearbeitet wie nie zuvor: Er hatte Stücke geschrieben, gegen die „Sprachlosigkeit des Sterbens“ gekämpft, vergangenen Sommer seine Freundin Aino Laberenz geheiratet, er ist gereist und hat versucht, seinen Lebenstraum zu realisieren: ein Festspielhaus in Afrika.

Remdoogo, das Operndorf in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, plante Schlingensief zusammen mit dem Architekten und Aga-Khan-Preisträger Diébédo Francis Kéré (siehe BauNetz-Meldung zur Grundsteinlegung vom 5. Februar 2010). In der ehemaligen französischen Kolonie wollte er in dem neuen Operndorf eine Schule für 500 Kinder mit Musik- und Filmklassen, Werkstätten, einer Krankenstation, Solaranlagen und einem Brunnen entstehen lassen. In den vergangenen Monaten tourte er deshalb mit seiner Afrika-Oper „Via Intolleranza II“ durch Europa. Mit dem Stück entwirft Schlingensief das „paradoxe musikalische Bilder- und Dunkelphasenszenario einer utopischen Vereinigung durch das Misslingen hindurch“.

„Kunst kennt keine Sieger“, hatte der Regisseur einmal im Hamburger Bahnhof gesagt und die Preisverleihung der Nationalgalerie für junge Kunst abgebrochen. Vielleicht kennt das Leben auch keine Sieger. Aber Kämpfer und Rebellen: Christoph Schlingensief hatte noch viele Pläne, einen vollen Terminkalender. Neben dem Operndorf in Burkina Faso wurde er für die Gestaltung des deutschen Pavillons auf der Kunst-Biennale in Venedig 2011 vorgeschlagen. Auf der diesjährigen Ruhr-Triennale sollte sein neues Stück „S.M.A.S. H. - In Hilfe ersticken“ uraufgeführt werden. Und auch die Berliner Staatsoper wollte ihre nächste Spielzeit mit einem Schlingensief-Stück eröffnen.

Auf seiner Internetseite bitten Familie und Angehörige statt Blumen und Kränzen um eine Spende für das Operndorf in Afrika. Christoph Schlingensief ist verstorben, doch soll sein Traum noch zu Ende gelebt werden. 

(Jeanette Kunsmann)


Zum Thema:

www.schlingensief.com


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

12

solong | 30.08.2010 21:46 Uhr

ein + k.marchiol

... zunächst ... falsch ... der architekt haftet letztendlich 30 Jahre ... und noch immer als generalschuldner ... schade das unsere kammern daran nicht arbeuten ... aber das hat seine gründe ... daher der aufruf an alle jungen kollegen engagiert euch !!! ... dann ... die hoffnung stirbt zu letzt ... doch es gibt eine ganze reihe kollegen ... aber natürlich viel zu wenige ... daher immer wieder der apell weg von dasein als bildchenmaler und zeichenknecht hin zum mündigen architekten ... die saat muß gesät und gepflegt werden !!

11

Ein Freund | 30.08.2010 17:09 Uhr

Abschied

Christoph wurde heute in Oberhausen beigesetzt -
"So schön wie hier kann es im Himmel nicht sein!"

10

ein | 24.08.2010 18:55 Uhr

visionär

beim architekten hört das visionäre leider (oder gottseidank) beim dachrand, der entwässerungsplanung, den technischen problemen auf.
er hat 5 jahre haftung

beim theater meist nur eine spielzeit und dann wandert man weiter..

wie schon gesagt: ein witziger geist,
bin gespannt wann im theaterjournal mal ein architekt erwähnt wird (stimmt, ab und zu ein buehnenbild machen wir ja auch)

9

k. marchiol | 24.08.2010 13:43 Uhr

kein betreff

@solong
>>schlingensief war ein großer visionär...und das weil er an die dinge geglaubt hat...und nicht weil er sich für so besonders wichtig hielt

soweit korrekt

>>...von daher verkörpert er das was auch ein architekt an merkmalen haben sollte ...!!!

das architekten mal solche merkmale haben, daran hat wohl selbst schlingensief nicht geglaubt ;) - die spezies müsste sich ja genau in's gegenteil verkehren.

ist wirklich etwas bemüht, den armen schlingensief in's baunetz zu zerren!

8

Christian K. | 24.08.2010 10:37 Uhr

Nachruf

Große Worte für große Künstler? Schön, dass hier auch ein paar kleinere Worte geschrieben wurden, habe mich sehr über diesen Nachruf gefreut!

7

Theo | 24.08.2010 10:32 Uhr

wer oder was

im "Baunetz was zu verloren hat" entscheiden zum Glück andere....

6

Hans K., Arch. Berlin | 23.08.2010 23:47 Uhr

Vorbild

CS war ein Vorbild, auch wenn er solch eine Kategorisierung für sich abgelehnt hätte. Nicht zuletzt, weil er es immer wieder schaffte, über seinen eigenen Horizont und seine Erkrankung hinaus gemeinschaftliche Bemühungen gegen all das Übel in der globalisierten Welt zu initiieren und uns alle damit zu ermutigen. Und damit hat er jede Berechtigung, gerade im BauNetz gewürdigt zu werden auch als nachträglicher Tritt in den Allerwertesten von uns so jämmerlich individualisierten Baukünstlern. Die es nicht mal schaffen, für ihre gemeinsamen Interessen geschweige denn gegen die Machenschaften ihrer oft fragwürdig zahlungskräftigen Kundschaft auf die Straße zu gehen und sich noch gegenseitig die Butter vom Honorarbrot (r)unterbieten.
Die es CS aber schuldig sein sollten, mit seinem Architekten das Operndorf + Schule + Brunnen + soviel Sinnvollem mehr fertig zu bauen - wäre doch mal eine sinn- und verdienstvolle Arbeitsfreizeit, nicht wahr, lieber "auch ein" (Künstler?)?
Spaten in die Hand statt unsinniger kleinkariert-akademischer Kategoriendiskussion! Lasst uns endlich entdecken, wie stark wir gemeinsam sein können!

5

solong | 23.08.2010 23:01 Uhr

auch ein

...nichts verstanden...schlingensief war ein großer visionär...und das weil er an die dinge geglaubt hat...und nicht weil er sich für so besonders wichtig hielt...von daher verkörpert er das was auch ein architekt an merkmalen haben sollte ...!!!

4

Julia | 23.08.2010 20:38 Uhr

Doch,

bitte mehr solcher Meldungen!
Schaut man nicht gerne ein wenig über den Tellerrand!?

3

Beecken | 23.08.2010 18:17 Uhr

Schlingensief

.. und ich hatte mich gerade gefreut, daß es Momente gibt, wo man einfach mal die eigene Branche verläßt und damit über den Tellerand guckt. Vielen Dank dafür, Baunetz.
Ich finde es muß einfach Ausnahmen geben, ein großer Künstler auf so vielen Bereichen kann uns vor allem große Anregungen und Mut machen.

2

AKNDS | 23.08.2010 17:28 Uhr

RIP

...ich hingegen war sehr erfreut, dass sich das BauNetz dieses Themas angenommen hat.

1

auch ein | 23.08.2010 15:56 Uhr

künstler

sein leben und arbeit in ehren.

aber nur weil er ein operndorf bauen wollte / will (was auch immer das soll hinsichtlich wirklich anderer probleme in der gegend...) hat der im baunetz nichts verloren oder ?

 
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