Im Jahr 2021 feierte das Hollyhock House von Frank Lloyd Wright in Los Angeles seinen 100. Geburtstag. Zumindest in Hollywood – wo die wahrhaft beeindruckende Villa steht – wäre eine festliche Veranstaltung angesichts dieses Jubiläums mehr als angemessen gewesen. Corona verhinderte nicht nur eine gediegene Party, sondern sorgte auch dafür, dass das Haus erst seit Kurzem wieder besichtigt werden kann. Man sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, wenn man in Los Angeles ist, denn für einen sehr moderaten Eintrittspreis von sieben US-Dollar bekommt man eine ganze Menge großartige Architektur zu sehen.
Hollyhock House war der erste Bauauftrag Wrights in Los Angeles. Bauherrin war die Ölerbin Aline Barnsdall (1882–1946), die eine unkonventionelle und selbstbestimmte Frau war. Sie interessierte sich für Feminismus, produzierte Theaterstücke und wurde 1917 absichtlich unverheiratete Mutter, was auch im liberalen Kalifornien damals noch skandalös war.
Im gleichen Jahr starb Barnsdalls Vater, und sie trat ihr Erbe an. Zwei Jahre später kaufte sie ein Grundstück am Hollywood Boulevard, das sie zu einem Ort experimenteller Theaterproduktion machen wollte. Wright sollte bei dieser Entwicklung helfen. 1919–21 realisierte sein Büro in der Mitte des Grundstücks – das heute als Barndsall Art Park mehrere kulturelle Institutionen umfasst – das Hollyhock House. Wright hielt sich damals wegen des Imperial Hotel lange in Japan auf, weshalb der junge Rudolph Schindler die Arbeit am Hollyhock House übernahm.
Barnsdall konnte sich mit dem schließlich realisierten Bau nicht anfreunden und lebte nie wirklich in Hollyhock House. Bereits 1927 übertrug sie es zusammen mit dem gesamten Park der Stadt Los Angeles. Die kalifornische Architekturmoderne förderte Barnsdall aber auch später, indem sie nicht nur Schindler, sondern auch dessen österreichisch-kalifornischen Kollegen Richard Neutra mit Projekten beauftragte.
In das weitläufige Haus über U-förmigem Grundriss hat sich also eine geballte Ladung kalifornische Architektur- und Kulturgeschichte eingeschrieben. Hinzu kommt die überwältigende und detailverliebte Formensprache Wrights, die in der üppig ausgestatteten Villa geradezu idealtypisch erlebt werden kann und davon erzählt, wie großbürgerliche Wohnvorstellungen und kalifornischer Lebensstil in der Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Synthese fanden.
Hollyhock House ist eines von acht Bauwerken Wrights, die seit 2019 als „The 20th-Century Architecture of Frank Lloyd Wright“ zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Es handelt sich um das einzige Weltkulturerbe-Objekt in Los Angeles. (gh)
Fotos: Filippo Poli
Zum Thema:
Informationen zu einem Besuch des Hauses gibt es auf der Website hollyhockhouse.org, zum Barnsdall Art Park und den dortigen Institutionen auf barnsdall.org
Reichlich kalifornische Moderne aus der Zwischenkriegszeit – darunter auch von Schindler und Neutra – gibt es in Baunetzwoche#552.
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auch ein | 11.04.2023 11:16 Uhrarchitekt
1999 war ich im Park und da war es richtig verkommen, durch die FLW-Häuser fast wie im zombie-Film mit seinem Verfall.
Wie die anderen Häuser in FLW-LA auch. Nie ganz renoviert, sehr morbide.
Jetzt ist es mir fast zu chic ;-)