Egal ob New York, London, Berlin oder Toronto, überall wird der Wohnraum knapp, die Mieten steigen und viele können sich ihre Wohnungen in den Innenstadtlagen nicht mehr leisten. Da durch Spekulation inzwischen ganze Wohnblocks in Innenstadtlagen leerstehen, wäre es Sache der Politik zu reagieren. In seinem Film Push beschreibt der schwedische Regisseur Fredrik Gerrten, wie Hedgefonds mit dem Grundbedürfnis Wohnen rücksichtslos Profit machen und bringt damit die Gentrifizierungs-Diskussion auf das nächste Level.
Der mit Crowdfunding produzierte Dokumentarfilm folgt der UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Wohnen Leilani Farha auf ihrer Recherchereise um die Welt. Der Plot reiht Episoden unter anderem in Kanada, Korea, Chile, Deutschland und Schweden aneinander, zu Wort kommen von der Geldgier der Wohnungseigner schikanierte Anwohner, unter anderem Überlebende des Feuers im Londoner Grenfelltower, Mitglieder von Initiativen, die sich zu wehren versuchen und Experten wie die Soziologin Saskia Sassen, der Wirtschaftwissenschaftler Joseph Stiglitz und der italienische Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano. Saviano gibt Einblick in seinen von Sicherheitskräften abgeriegelten Alltag und erklärt dabei, wie das Prinzip der Geldwäsche den Immobilienmarkt anheizt.
In Push beschäftigt sich Fredrik Gertten, der 2015 den Film Bikes vs Cars herausbrachte, erneut mit der Beobachtung, dass die Städte nicht mehr für die gedacht sind, die sie bewohnen. Seinen aktuellen Film sieht er als Beitrag im Kampf für eine lebenswerte Zukunft und fügt in einem Interview hinzu, er komme aus dem gleichen Land wie Greta Thunberg, da bliebe ihm ja gar nichts Anderes übrig, als idealistisch zu sein. Allerdings verleihen die recht kurzen Statements der portraitierten Anwohner dem Film ab und an den Charakter einer Magazinsendung und lassen ihn damit zwangsläufig etwas oberflächlich erscheinen. Dazu trägt auch der kitschig-seichte Soundtrack bei, der dem existentiellen Thema nicht gerecht wird. Dennoch vermittelt Gertten zusammen mit seiner Protagonistin Leilani Farha eine deutliche Botschaft: Wohnraum darf keine Ware sein, und die Politiker dürfen dem Finanzsektor nicht länger freie Hand beim Kauf und Verkauf von Immobilien lassen.
So konkret wie die jüngst in Berlin erhobene Forderung nach der Enteignung großer Wohnungsgesellschaften sind die im Film erwähnten Maßnahmen allerdings nicht. Gegen Ende der Doku entwickelt Leilani Farha eine Initiative, die sie „The Shift“ nennt und die ein neues politisches Bewusstsein für den Raubbau am Wohnungsmarkt schaffen soll. In der letzten Szene holt sie die Bürgermeister einiger großer Städte zu einer Konferenz zusammen, damit diese sich austauschen und über Lösungen beraten können. Da hört man den Berliner Bürgermeister Michael Müller in die Runde sagen, dass in der deutschen Hauptstadt keine öffentlichen Flächen mehr privatisiert würden. Man darf also gespannt sein. (tl)
Push, 96 min, OMU, läuft seit Anfang Juni bundesweit in den Kinos, diese Woche zum Beispiel im Sputnik Kino in Berlin-Kreuzberg, im Monopol in München-Schwabing, im Abaton in Hamburg sowie im Filmforum in Duisburg. Weitere Infos auf der Webseite des Films.