Heute Vormittag stellte die Bundesstiftung Baukultur in Potsdam ihren Baukulturbericht 2024/25 zum Thema „Infrastrukturen“ vor. Neben einer umfassenden Bestandsaufnahme formuliert die Publikation Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung und zeigt Projekte mit Vorbildcharakter. Vor allem aber macht sie deutlich: Es muss schleunigst gehandelt werden.
Von Diana Artus
Die Zahlen klingen bedrohlich: „Heute gelten 4.000 Brücken als marode, 5.000 Kilometer Schiene sind abgekoppelt und allein seit 1999 wurden 2.800 Bahnhöfe privatisiert.“ Doch nicht nur beim Verkehr, auch in Bezug auf die soziale und kommunale Infrastruktur bescheinigt der Baukulturbericht 2024/25 der Bundesregierung dringenden Handlungsbedarf. Der Investitionsrückstau belaufe sich mittlerweile auf 160 Milliarden Euro, hieß es auf der heutigen Pressekonferenz.
Die Grafiken und Übersichten, die auf Befragungen unter Planenden und Bauschaffenden, Kommunen sowie der Bevölkerung beruhen, machen deutlich: Es muss schleunigst gehandelt werden. Und zwar nicht nur angesichts des Klimawandels oder des desaströsen Zustands der Deutschen Bahn, sondern weil sich gut funktionierende Infrastrukturen unmittelbar auf die Daseinsvorsorge auswirken und den Zustand von Bildung, Gesundheit, Mobilität und Sicherheit beeinflussen. So zumindest argumentiert der aktuelle Baukulturbericht nicht zuletzt im Hinblick auf eine stabile Demokratie.
Wie schon die früheren Baukulturberichte – zuletzt „Erbe–Bestand–Zukunft“ (2018/19), „Öffentliche Räume“ (2020/21) und „Neue Umbaukultur“ (2022/23) – fasst die nunmehr 6. Ausgabe 2024/25 zunächst die aktuelle Lage der Baukultur in Deutschland zusammen. Zur Sprache kommen bauwirtschaftliche Rahmenbedingungen, bezahlbarer Wohnraum, die Transformation der Innenstädte und ihre Anpassung an den Klimawandel, aber auch die Änderung der Vergabeverordnung und der Einsatz von BIM in der Planung.
Im Hauptteil des Berichts geht es unter anderem um Bedeutung der Ingenieurbaukunst, die nicht nur technischen und funktionalen Standards, sondern ebenso ästhetischen Ansprüchen Rechnung tragen sollte. Indem Infrastruktur zur Atmosphäre von Orten beiträgt, können Ingenieurbauten mit hoher gestalterischer Qualität gesellschaftlichen Mehrwert schaffen und identitätsstiftend sein, argumentiert die Stiftung Baukultur und plädiert vor diesem Hintergrund auch für eine Stärkung von Handwerk und Ausbildung.
Anhand wegweisender Projekte, die den Blick Richtung Praxis lenken, zeigt der Bericht nicht zuletzt, wie gelungene Infrastrukturen aussehen können, wie sie funktionieren und zustande gekommen sind. Mit dabei sind unter anderem die Tank- und Rastanlage am Leubinger Fürstenhügel, das sanierte Donaubad in Sigmaringen, der BOB Campus in Wuppertal und die unterirdischen Stadtbahnhaltestellen in Karlsruhe.
Auf Basis der Erkenntnisse aus Baukulturwerkstätten und Expert*innengesprächen hat die Stiftung Baukultur schließlich Handlungsempfehlungen für die Politik formuliert. Im Kern zielen diese auf Langlebigkeit, Resilienz, Gemeinwohlorientierung, Verfügbarkeit, Effizienz und die Ausrichtung an den Klimazielen der Bundesrepublik. „Pflegen statt Abreißen“ lautet eine der wichtigsten Forderungen, und angesichts der Versäumnisse der letzten Jahrzehnte bleibt zu hoffen, dass diese Message bei den politischen Verantwortlichen – allen voran Bundesbauministerin Klara Geywitz, die das Papier bereits am 15. Mai 2024 entgegennahm – endlich ankommt.
BauNetz ist Medienpartner des Konvents der Baukultur 2024.
Zum Thema:
Der Baukulturbericht erscheint zum Konvent der Baukultur am 19. und 20. Juni 2024 in Potsdam kostenfrei auf der Website der Bundesstiftung Baukultur.