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11.10.2024

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Richard Meier in Baden-Baden

Zum 20. Geburtstag des Museums Frieder Burda


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Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden feiert nächste Woche seinen zwanzigsten Geburtstag. Das strahlend weiße Haus von Richard Meier (der morgen übrigens 90 wird) ist das einzige öffentliche Haus in der südwestdeutschen Kurstadt, das eine konsequent modernistische Formensprache zelebriert. So radikal das wirken mag, so erstaunlich gut fügt sich das Museum letztlich in seine Umgebung ein.

Von Gregor Harbusch

Einst galt das mondäne Baden-Baden als „Sommerhauptstadt“ Europas. Das angenehm milde Sommerklima lockte den Adel seit dem späten 18. Jahrhundert alljährlich aus der „Winterhauptstadt“ Paris in das pittoreske Städtchen am nördlichen Rand des Schwarzwalds. Kurbad, Theater und natürlich das weltbekannte Casino versprachen Gesundheit, Entspannung und Unterhaltung.

Seit drei Jahren steht die Stadt zusammen mit zehn weiteren europäischen Orten als „Bedeutende Kurstädte Europas“ auf der Unesco-Weltkulturerbeliste. Erbe klingt nach Vergangenheit. Und in der Tat arbeitet die Stadt zunehmend daran, sich einem jüngeren Publikum zu öffnen. Die einmalige historische Bausubstanz mit ihrem zuweilen französischen Flair – die französischen Besatzungstruppen legten nach dem Zweiten Weltkrieg auch deshalb ihr Hauptquartier nach Baden-Baden – ist heutzutage natürlich ein unbezahlbarer Pluspunkt. 

Inmitten der hübschen Gassen und des Kurparks mit dem klassizistischen Kurhaus Friedrich Weinbrenners sowie der fantastisch unorthodoxen Trinkhalle Heinrich von Hübschs gibt es jedoch einen Querulanten: das Museum Frieder Burda von Richard Meier, das am 22. Oktober 2004 eröffnete und nächste Woche zu einem Jubiläumsfest einlädt.

Modernistischer Querulant

Das Museum kann getrost als einziges konsequent modernistisches öffentliches Gebäude im Herzen Baden-Badens gelten. Dementsprechend gab es um den Neubau einst einigen Streit. Ein erster Entwurf des Baseler Büros Steib+Steib scheiterte aufgrund massiver öffentlicher Kritik. Im Mai 2001 beauftragte Burda schließlich Richard Meier und sein New Yorker Büro mit dem Entwurf seines Privatmuseums.

Meier pflegte damals bereits eine unverwechselbare architektonische Handschrift in gleißendem Weiß. Wer bei ihm einen Entwurf bestellte, wusste, was er bekam. Doch Wiedererkennungswert sollte man keinesfalls mit Beliebigkeit verwechseln. Wer das Haus in allerbester Lage im Park an der Lichtentaler Allee besucht, wird staunen, wie angemessen es sich zur historischen Bausubstanz verhält und einen überzeugenden und zugleich sensiblen Kontrapunkt setzte.

Mit Blick auf Meiers Stadthaus Ulm, das ebenfalls wie ein vermeintlicher Fremdkörper inmitten historischer Stadtstruktur steht, schrieb unser Autor vor zehn Jahren zum 80. Geburtstag des Architekten: „Meiers Architektur ist auch bei umstrittenen Bauaufgaben wie in Ulm perfekt dazu geeignet, einen Kompromiss zu finden: zugleich modern und klassizistisch, mutig und zurückhaltend, elementar und komplex.“ Ein Satz, der direkt so auch auf Baden-Baden zutrifft.

Die Jubiläumsausstellung „I Feel the Earth Whisper“ (noch bis 3. November) nutzt die räumlichen Qualitäten des Baus beispielhaft. Die Kurator*innen Patricia Kamp und Jérôme Sans installierten in der großen, offenen Ausstellungshalle im Erdgeschoss eine raumgreifende und sinnliche Arbeit des Brasilianers Ernesto Neto. Zwischen duftenden Gewürzen und geknüpften Textilien sind eine ganze Reihe indigener Schlaginstrumente zu finden, die von den Besucher*innen gespielt werden können. Durch das gesamte Haus hallen die Töne dieser niedrigschwelligen und einladenden Installation. So gehen Kunst, Publikum und Architektur eine geradezu berührende Einheit ein.

Für das Jubiläumsfest am Sonntag, 20. Oktober 2024 von 10 bis 18 Uhr ist ein breitgefächertes Programm geplant, das sich auch an Familien mit Kindern richtet. Einzelheiten zu den Veranstaltungen sind auf der Website des Museums zu finden. Der Eintritt in das Museum und das gesamte Programm sind kostenfrei.


Zum Thema:

Transparenzhinweis: Das Museum Frieder Burda hat die Recherche des Autors in Baden-Baden unterstützt.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

peter | 17.10.2024 09:41 Uhr

"hysterie"

trifft es wirklich am besten.

7

Christian Richter | 15.10.2024 11:11 Uhr

@Bernhard

Der Bauherr hat von Beginn an auf den "Markennamen" von Richard Meier gesetzt, und vermarktet das Museum auch heute noch mit Hilfe dieser Marke. Star-Architektur ist ja ganz bewusst nicht anonym, soll gar nicht von der Bekanntheit des/der Architekturschaffenden getrennt werden, sondern aus der Wechselwirkung von Werk und prominentem Status der Person zusätzliche Aufmerksamkeit und Bedeutung generieren. Insofern gehören Meiers Verdienst in der Architektur ebenso wie seine Verfehlungen - die ja sogar mit seiner beruflichen Tätigkeit verbunden waren - zum Gesamtbild dazu. Die Bauten haben Ihren Platz, Richard Meier hat aber seinen eigenen Platz räumen müssen. Unter den Stars ist er ein gefallener Stern, das ist Teil der Geschichte seiner Architektur.

6

Max Putzke | 15.10.2024 09:59 Uhr

Super

Bei diesen Fotos wird der Geist meines Studiums an der TU Braunschweig wach. Wir sind damals zu den Meier-Bauten gepilgert und haben vom WC bis zur Fassade alles studiert. Für mich eine wunderbare Zeitreise. Und ja: ein zeitloses Original.

5

Bernhard | 14.10.2024 16:53 Uhr

Es geht um Architektur

@1 und 4:
Meine persönliche Erfahrung ist, daß ich als Architekt bei Richard Meier in den 90ern weder den Vorwurf eines zutiefst toxischen Büros noch einen allgegenwärtigen Verdacht sexueller Belästigung oder eine Ausbeutung bestätigen kann.

Die Arbeitsbedingungen waren wie in USA üblich und die Bezahlung fair. In der wenigen Zeit im New Yorker Büro hat RM sich auch persönlich mit Mitarbeitern am Arbeitsplatz getroffen, um den Stand des Projekts zu besprechen. Die Stimmung war hoch motiviert, ehrgeizig, konzentriert und international geprägt. Das Ziel war, den Weg zu überdurchschnittlicher Architektur zu begleiten und davon zu lernen.

Die Ergebnisse waren und sind Bauten, die bis heute ihren festen Platz in der Architektur haben. Das muss nicht jeder mögen, wird den Fakt aber kaum verweigern können. Allein darum ging es in dem Bericht „Zum 20. Geburtstag des Museums Frieder Burda“, um ein zeitloses Museum.

Wie weit der Vorwurf zur Person zutrifft und ob die Reaktion angemessen war, ist an anderen Stellen ausgiebigst bewertet worden. Dies auf die Architektur und damit auf das Schaffen aller Beteiligten zu übertragen, ist hysterisch.

4

auch ein | 14.10.2024 08:04 Uhr

architekt

@1:
wurde bei richy meier jemand zur arbeit gezwungen?
zwingt heute jemand in die star-büros? nicht nur wegen sexueller belästigung sondern alleine schon wegen ausbeutung verwerflich?

jetzt fehlt noch: burda hat auch für die Nazis verlegt...und nun?

3

Arcseyler | 13.10.2024 16:02 Uhr

.de

Interessant, dass eine Architektur, die schon vor 30 Jahren retro war (Kunsthandwerkmuseum Frankfurt) immer noch zeitlos modern wirkt, während wesentlich jüngere Stilvarianten veraltet sind. Hier muss etwas viel grundsätzlicheres vorliegen. Wie bei der Popmusik ist das das zeitlose Original.

2

Sieben | 12.10.2024 18:39 Uhr

Meier

Wie muss man sich das erklären?
Das hier ist das Baunetz, und es geht um Architektur. Moralische Verfehlungen sind andernorts zu verhandeln.
Andere Verfehlungen werden hier auch nicht verhandelt: wieso eigentlich europäische Architekten für Diktaturen bauen.

1

Jan Frohburg | 12.10.2024 12:46 Uhr

Hat das Baunetz die kritische Distanz verloren?

Feierlichkeiten hin oder her: Warum fallen die Vorwürfe gegen Richard Meier wegen sexueller Belästigung einfach unter den Tisch? Das Gebäude, das hier gefeiert wird, ist in einem zutiefst toxischen Büro entstanden. Weder für Burda noch für das Baunetz scheint das ein Problem zu sein. Wie muss man sich das erklären?

 
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Am Sonntag, 20. Oktober 2024 feiert das Museum Frieder Burda mit einem Jubiläumsfest seinen 20. Geburtstag.

Am Sonntag, 20. Oktober 2024 feiert das Museum Frieder Burda mit einem Jubiläumsfest seinen 20. Geburtstag.

Noch bis 3. November läuft die Jubiläumsausstellung „I Feel the Earth Whisper“. Die dort gezeigte Installation von Ernesto Neto lädt dazu ein, auf indigenen Instrumenten zu musizieren.

Noch bis 3. November läuft die Jubiläumsausstellung „I Feel the Earth Whisper“. Die dort gezeigte Installation von Ernesto Neto lädt dazu ein, auf indigenen Instrumenten zu musizieren.

Entwurfszeichnung von Richard Meier aus dem Jahr 2001 mit der 1909 eröffneten Kunsthalle von Hermann Billing rechts im Bild.

Entwurfszeichnung von Richard Meier aus dem Jahr 2001 mit der 1909 eröffneten Kunsthalle von Hermann Billing rechts im Bild.

Kunstsammler und Stifter Frieder Burda am 3. Oktober 2003 beim Richtfest für sein Museum

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