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15.11.2018

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Regale im Halbmond

Zentralbibliothek in Calgary von Snøhetta


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Ziemlich großherzig vom Bauherrn: Ein Quadratmeter in der neuen Zentralbibliothek in Calgary in Kanada hat die Calgary Municipal Land Corporation knapp 11.000 kanadische Dollar gekostet, bei einer Gesamtfläche von 22.ooo Quadratmetern. In Calgary wurde seit den Olympischen Spielen 1988 nicht mehr so viel Geld für eine öffentlich Planung in die Hand genommen wie für dieses Gebäude von Snøhetta.

Der Bau ist durchaus wichtig: Über die Hälfte der Calgarians sind aktive Nutzer des Bibliothekssystems, in einer Stadt, die mit 1.2 Millionen Einwohnern wohlbemerkt keine Kleinstadt ist. 2012 beteiligten sich 16.000 Menschen, als sie über die zukünftige Rolle und Funktion der Stadtbibliothek mitentscheiden konnten. Diese war bis dato in einem Gebäude von 1964, ebenfalls in Downtown, untergebracht gewesen und zwei Drittel kleiner als der Neubau. Ein Abriss kam nicht in Frage. Die Stadt- und Bibliotheksverwaltung schrieb 2013 dann einen internationalen Designwettbewerb aus. Diesen gewannen Snøhetta für Gebäude und Grundstück, das Designbüro Dialog für die Gebäudemechanik und Entuitive für die Tragwerksplanung, letztere mit Sitz in Calgary. Damit konnte sich Snøhetta gegen die Kopenhagener Architekten von 3XN, die bereits Erfahrung mit Großprojekten haben, sowie REX aus New York durchsetzen.

In Downtown gelegen wird das Gebäude erst von einer Straßenbahn flankiert und dann im Untergrund unterfahren. Wer zu Fuß kommt, kann das Gebäude über die ansteigenden Außenhügel erobern oder es sich auf den Terassen bequem machen. Durch die Begrünung mit Berg-und Präriepflanzen aus der Region soll die Begehung zum Naturerlebnis werden. Oben angekommen, lässt sich kurz zum benachbarten Stadtteil East Village blicken, bevor einen die halbmondförmige Biegung des Baus förmlich ins Innere hineinzieht.

Die dreifachverglaste Außenhaut kommt in fraktalem Muster daher. Diese soll wahlweise an Schneeflocken, ein offenes Buch oder ineinandergreifende Häuser erinnern und „verankert damit die Ideen der Gemeinschaft“, so Snøhetta. Da das ovale Gebäude im Prinzip nur zwei statt herkömmlicher vier Seiten hat, könnte die Orientierung im Innenraum problematisch sein, hätten Snøhetta nicht auch ein visuelles Wegesystem entworfen, das für Inklusion und Klarheit sorgen soll. Dieses ist gekennzeichnet durch klare Typographie und Treppen, die sich spiralförmig am inneren Atrium hochwinden.

Wer das Gebäude betritt, befindet sich erstmal in einem Abschnitt, der sich als „Spaßteil“ bezeichnen lässt. Hier sind ein Café, verschiedene Sitzbereiche und eine Kinderbibliothek. In den Dachgeschossen geht es dann sehr viel ruhiger zu. Um mental darauf eingestellt zu werden, betritt man die dort angeordneten Leseräume durch einen Zwischenbereich, der sich zum Lesesaal öffnet und Akustik dämmt sowie Licht dimmt. Das gelingt Snøhetta mit vertikalen Holzlamellen. Ausschließlich mit rotem Zederholz aus dem Nachbarstaat British Columbia ausgekleidet gehört der gesamte Innenraum, dessen Tragstruktur aus Beton ist, zu den größten freien Holzschalen der Welt. Snøhetta scheint nach Superlativen zu streben, nicht nur was die Kosten betrifft.

Text: Tom Brennecke
Fotos: Michael Grimm


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