Zahlen sind häufig letztes Argument und letzte Gewissheit. Nach Lieferengpässen, Fachkräftemangel und stark gestiegenen Baukosten bestätigen aktuelle Auswertungen des Statistischen Bundesamtes und des Analyseunternehmens bulwiengesa, was viele bereits vermuten: Der geschaffene Wohnraum reicht nicht aus, Bauvorhaben verzögern sich und Projektentwicklungen ziehen sich aus den Metropolen zurück.
Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bekannt gab, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland insgesamt 295.300 Wohnungen gebaut. Damit stieg die Zahl fertiggestellter Wohnungen im Vergleich zum Jahr 2021 zwar leicht an, blieb aber dennoch deutlich hinter dem gesetzten Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen jährlich zu errichten. In die Betrachtung eingeschlossen wurden sowohl Maßnahmen bei Bestands- als auch Neubauten. Letztere überwiegen jedoch mit 258.800 Wohneinheiten deutlich. Während die Menge fertiggestellter, neu gebauter Einfamilienhäuser im Vorjahresvergleich minimal sank, stieg die Zahl der Wohnungen in Zweifamilienhäusern mit rund 14,1 Prozent am stärksten. Mit 150.200 wurden zahlenmäßig die meisten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern errichtet. Der mehrgeschossige Wohnungsneubau erfuhr damit im Vergleich zum Vorjahr ein geringes Plus von 1,5 Prozent.
Weiter gab das Statistische Bundesamt an, dass die Zahl der bestehenden Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückging. Mit 354.200 lag diese aber dennoch weit über der Anzahl fertiggestellter Wohnungen. Einschließlich der mehr als 20.000 erloschenen Baugenehmigungen (die meisten davon abgelaufen) stieg der Bauüberhang damit weiter an auf nun 884.800 Wohnungen, die bereits genehmigt, aber noch nicht fertiggestellt wurden. Ungefähr die Hälfte davon befanden sich zum Zeitpunkt der Auswertung im Bau.
In ihrem Pressestatement zu den Zahlen des Statistischen Bundesamtes verweist Bundesbauministerin Klara Geywitz vor allem auf die Stabilität der Baufertigstellungszahlen, so sei es „nicht gerade das Schreckensszenario, das über die letzten Monate gerne an die Wand gemalt wurde”. Weiter formuliert Sie die Notwendigkeit, die Nachfrage am Bau weiter zu verstärken und hängt den Satz an: „Aus dem Minus bei den Einfamilienhäusern wollen wir wieder steigende Zahlen machen.“
Die aktuelle Auswertung des Analyseunternehmens bulwiengesa „Projektentwicklermarkt deutsche A-Städte 2023“ unterstreicht und ergänzt die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes. Die Kernbotschaft: „Bei den Projektentwicklern ist die Krise nun deutlich sichtbar angekommen.“ Die veröffentlichten Zahlen weisen in den sogenannten A-Städten Berlin, Frankfurt, Hamburg, München, Düsseldorf, Köln und Stuttgart einen Rückgang des gesamten Projektentwicklungsvolumens bezüglich Wirtschafts- und Wohnimmobilien um 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2022 auf. Überdurchschnittlich vom Rückgang betroffen ist der Wohnungsmarkt mit 7,4 Prozent weniger Projektentwicklungen, was einer Wohn-Projektfläche von circa 1,6 Millionen Quadratmetern entspricht. Das ist kein neues Phänomen. In ihrer Pressemitteilung erläutert bulwiengesa, dass bereits vor Corona hohe Grundstückspreise und Baukosten sowie politische Restriktionen zu einem kontinuierlichen Rückgang der Projektentwicklungen in diesem Segment geführt hätten. „Ausgerechnet in den Metropolen, wo die Wohnungsnot am größten ist, schläft die Bautätigkeit nun vollends ein. Ohne Beschleunigung der Verfahren und zumindest temporäre finanzielle Förderung von Wohnungsbau werden wir das Problem nicht lösen“ kommentiert bulwiengesa-Vorstand Sven Carstensen.
Weiterhin zeigt die bulwiengesa-Auswertung die Verzögerung in der Projektabwicklung noch einmal deutlich auf, so sollen rund 23 Prozent aller Bauvorhaben später fertig werden als noch Ende 2022 geplant. (sbm)
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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arcseyler | 29.05.2023 09:05 Uhr..........
Von Afrika lernen in Bezug auf Substandards, die gewiss viel nachhaltiger sind, siehe Footprint. Die Biennale mit Thema Afrika hätte diesbezüglich ja mal den Bedarf eines Menschen von dort evaluieren und nachbauen können. Eine 2 Zimmerwohnung dient dort bestimmt 6 Menschen als Unterkunft. Vielleicht kommt dabei heraus, das unsere Standards maßlos überzogen sind und der vorhandene Platz nach dortigen Maßstäben und entsprechend ökologischerem Footprint noch für die doppelte Menge an Menschen reicht. Unser Lebenstandard umweltzerstörerisch ist.
Demnächst Kranbesetzung der last generation.