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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Wunderwerk_und_DM_Studio_in_Tiflis_7757073.html

22.10.2021

Wohnen im strengen Raster

Wunderwerk und DM Studio in Tiflis


In der Peripherie von Tiflis hebt sich ein neuer Wohnblock von der Vorstadtarchitektur ab, die ihn umgibt. Der funktionalistische Betonriegel mit 35 Wohneinheiten steht in Bagebi am Westrand der georgischen Hauptstadt, das an das benachbarte, recht noble Viertel Vake anschließt. Vake mit seiner historischen Bausubstanz gehört zu den begehrtesten Adressen der Stadt, beherbergt einen Campus der Staatlichen Universität und ist geprägt von einem großen Park und Naherholungsgebiet. Wer sich das Wohnen in den stattlichen Villen und Wohnhäusern in Vake nicht mehr leisten kann, zieht weiter nach Bagebi, weshalb der Ortsteil zunehmend an Ansehen gewinnt.

Für die Architekt*innen stellte sich anfangs die Frage, wie adäquater Wohnraum in diesem Kontext heutzutage aussehen kann und was ihn vom typischen Plattenbau der Sowjetzeit unterscheidet. Das Büro Wunderwerk (Tiflis) rund um das Team George Beriashvili, David Makharoblishvili und Gigi Shukakidze erarbeitete gemeinsam mit DM Studio einen von außen streng funktionalistischen, von innen jedoch flexibel umplanbaren Bau, der den Fokus auf die Bewohner*innen legen möchte. Den Architekt*innen zufolge hatte der private Bauherr den Anspruch, ein Gebäude zu schaffen, das im Gegensatz zur beengten Wohnsituation in der Nachbarschaft eine geräumige und gesunde Umgebung bietet.

Im Zuge von Recherchen stießen die Architekt*innen auf Wohnbauten des nahen Universitätscampusses. In einem der dortigen Studentenwohnheime wurden über Jahrzehnte abchasische Flüchtlinge untergebracht. Die Planer*innen interessierten sich dafür, wie sich Menschen an eine Bebauung anpassen und wie sich wiederum vorhandene Strukturen an unterschiedliche Lebenssituationen adaptieren lassen. Letztendlich ließ sich beim Neubau alles auf die simple Form eines Betonskeletts herunterbrechen, dessen horizontale und vertikale Massivbauelemente alle statischen und versorgungstechnischen Anforderungen aufnehmen. Die Grenze des Wohnraums von innen nach außen ist hier jedoch schmal, fließend und verglast.

Die Erschließung des Wohnblocks geschieht auf drei Ebenen, was der vorhandenen Geländesituation geschuldet ist. Eine zweigeschossige Tiefgarage, Flächen für Sport- und Freizeitaktivitäten im Erdgeschoss, ein Pool auf dem begrünten Dach und eine Parkanlage bieten gemeinschaftlich nutzbaren Raum. So wie sich die Außenwelt und das Leben der Bewohner*innen ständig verändert, soll es auch die Innen- und Umwelt des Gebäudes tun. Die einzige Konstante bleibt die Struktur und die Gebäudehülle in grauem Sichtbeton. (sab)

Fotos: Angus Leadley Brown, Giorgi Dadiani, Tako Robakidze


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