Der Checkpoint Charlie in Berlin ist ein wahrer Rummelplatz. Imbiss- und Souvenirbuden tummeln sich auf den Freiflächen neben den Brandwänden, Menschentrauben behindern den Verkehr auf der Kreuzung, mit Uniform verkleidete Menschen posieren vor dem ehemaligen Grenzhäuschen und buhlen um das Kleingeld der Passanten. Der Ort ist typisch Berlin – eine seit Jahren provisorisch bespielte Brache, die mehr Touristen anzieht, als manchen lieb ist. Zugleich ist der CPC ein emotional und historisch aufgeladener Ort, an dem verschiedene Interessen aufeinander prallen, weil die beiden freien Grundstücke an der Kreuzung bebaut werden sollen.
Da gibt es zum Beispiel die Interessen der Denkmalpfleger, Historiker und jener, die mit dem unbebauten Ort ein wichtiges Stück Stadtgeschichte erhalten wollen. Da sind die Renditeerwartungen der Investoren. Und da ist der Wunsch der Stadt, Wohnungen, ein im Mauergedenkkonzept verankertes Museum und eine Freifläche in den geplanten Neubauten unterzubringen. So manche aus Partikularinteresse geborene Idee ist in den vergangenen Jahren konzipiert, veröffentlicht und teilweise zu Recht wild beschimpft worden. Die Investorengruppe Trockland, die sich die beiden Grundstücke nach vielen Besitzerwechseln derzeit gesichert hat, hatte vom Büro Graft bereits Pläne für ein grundstückfüllendes Hard Rock Hotel auf der Ostseite und eine Blockrandbebauung auf der Westseite der Friedrichstraße ausarbeiten lassen. Doch jetzt haben sich der Senat und die Investoren geeinigt, alles nochmal neu aufzurollen, im Zusammenhang zu betrachten und unter Mitsprache der Bürger die Grundlagen für ein B-Planverfahren zu erarbeiten.
Im Juni wurde ein städtebauliches Workshopverfahren gestartet. Sieben Büros – Caramel Architekten, COBE Berlin, David Chipperfield Architects, Graft, Hild und K Architektur, J.MayerH. und Partner sowie Sauerbruch Hutton – waren beauftragt worden, Ideen zu entwickeln, mit einem vielköpfigen Gutachtergremium zu diskutieren und auch die Wünsche der Bürger einzuarbeiten. „Gesucht werden herausragende städtebauliche Konzepte, die den abgestimmten Raumbedarf plausibel verorten, die verschiedenen Nutzungen konsequent zueinander und in den Stadtraum einbinden und die historische Bedeutung sowie die Symbolik des Ortes kraftvoll und eigenständig interpretieren.“, heißt es auf der Seite vom Büro C4C, das das Verfahren betreut. Soll der Straßenabschnitt eine Fußgängerzone, eine verkehrsberuhigte Straße oder weiterhin eine normale Straße sein? Welche touristischen Angebote soll es geben? Wie hoch und wie dicht soll die Bebauung sein? Bis zum Samstag, den 4. August sind die Arbeiten im Rohbau des Wohnhauses „Charlie Living“ ausgestellt, für die Meinung der Besucher liegen Zettel bereit.
Noch in diesem Monat soll ein Realisierungswettbewerb für das Westgrundstück starten, auf dem derzeit das Mauer-Panorama von Yadegar Asisi steht. Das Land Berlin will dort ein Museum mit 1000 Quadratmetern Freifläche, Wohnungen und Gewerbflächen untergebracht sehen. Fest steht bereits, dass auf dem Ostgrundstück mit einer Geschossfläche von ca. 23.500 Quadratmetern das Hard Rock Hotel Berlin nach Plänen von Graft Architekten entstehen wird.
Ob das kombinierte Workshop- und Beteiligungsverfahren tatsächlich wie geplant den vielen Interessen gerecht werden und ortsverträgliche Vorgaben für das B-Plan-Verfahren generieren kann, liegt nun in den Händen des Obergutachtergremiums, dem unter anderem Amandus Sattler, Stefan Bernard und Ruth Berktold sowie Vertreter des Senats und der Investoren angehören. Sie werden kommenden Montag mit den sieben Büros die Vorgaben erarbeiten und dabei auch all jene Stimmen auswerten, die von der Öffentlichkeit abgegeben worden sind. Also: nichts wie hin in die Zimmerstraße. (fm)
Ausstellung der Workshopkonzepte: Freitag 3. August 2018, 17–20 Uhr und Samstag 4. August 2018, 12–20 Uhr
Ort: Zimmerstraße 92–94, 10117 Berlin
Zum Thema:
Weitere Informationen: www.berlin.de/zukunft-cpc
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mr-arcgraph | 06.08.2018 18:09 UhrDauer
Allein die Dauer der Ausstellung ist ein Hohn, sollte sie teil der »Bürgerbeteiligung« sein.
Städtebaulich geht es hier nur noch um Restflächenverwertung des nach 1990 übrig gelassenen Freiraumes. Und der widerspiegelt eben nicht mehr den ehemaligen Grenzkontrollpunkt.