Vor acht Jahren wurde die innerstädtische Autobahn M30 entlang des Ufers des Manzanares über mehrere Kilometer Länge unter die Erde verbannt. Seitdem können sich die Bewohner*innen Madrids nicht nur über neue Parkanlagen entlang des Flusses freuen, sondern erleben auch die Aufwertung der ehemaligen Arbeiterviertel im Südwesten der Stadt, die nun nicht mehr durch eine Verkehrsschneise von der Innenstadt separiert sind.
Eine der vielen Folgen dieser urbanistischen Großintervention sind Umnutzungen und -bauten in den ehemals unattraktiven Vierteln. Casa MIGA ist eines dieser Projekte. Nur 60 Quadratmeter Wohnfläche umfasst die kleine Wohnung, die das ortsansässige Büro Ooiio Architecture im letzten Jahr verwirklichen konnte. Fast möchte man meinen, hier sei vor allem dekoriert worden, denn das Spiel der Farben und Oberflächen dominiert ganz eindeutig. Tatsächlich ging der Umbau jedoch mit einer völligen Neuorganisation des Grundrisses einher.
Die Architekt*innen rissen alle bestehenden Innenwände aus und definierten mit einfachen Einbauten zwei neue Volumina innerhalb der Wohnung: Hinter den hellblauen Fliesen mit dem Tukan-Motiv verbirgt sich das Schlafzimmer, hinter den goldenen Fliesen das Bad. Anders als in vielen zeitgenössischen Umbauten, entschieden sich Bauherr*innen und Architekt*innen gegen eine offene Küche im zentralen Wohnbereich, sondern planten eine äußerst kompakte Arbeitsküche. In ihrer funktionalen Ordnung schließt die Wohnung also durchaus an traditionelle Vorstellungen an. Experimentelle Verbindungen zwischen den Funktionen, flexible Nutzungsbereiche oder offene Raumbezüge spielten eine untergeordnete Rolle.
Das Bemerkenswerte des Entwurfs liegt in der Materialisierung, im knallig kontrastierenden Spiel der Oberflächen und Farben. Alte Oberflächen wurden offen gelegt, teilweise auch die neu eingezogenen Wände aus großformatigen Bausteinen in ihrer Rohheit zelebriert. Die tiefen Einbauschränke aus OSB-Platten weisen in die gleiche Richtung. Im Kontrast dazu stehen die auffälligen Fliesen an den Wänden und auf dem Boden sowie die Möbel und Ausbaudetails, die alle komplett von den Architekt*innen verantwortet wurden. (gh)
Fotos: Josefotoinmo
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ol_wei | 26.03.2019 08:14 Uhrtja
dem einen gefällts, dem anderen nicht. auf jeden fall haben die architekten keine angst vor auffälligen materialien. eine wohltuend andere wohnung, den hiesigen architekten möchte man nämlich manchmal zurufen: mehr ist mehr!