Der Neu- und Umbau von dieterdietz.org in den Weinbergen von Chigny im schweizerischen Kanton Waadt befasst sich mit einer wichtigen Frage des Wohnungsbaus: Wie kann gemeinschaftliches Zusammenleben, hier im Kreis von Freunden und Familie, so organisiert werden, dass es Raum für ein Miteinander gibt und gleichzeitig die Möglichkeit, unabhängig zu leben. Das bauliche Umfeld für die Auseinandersetzung mit dieser Frage war ein Grundstück mit vier Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, alten Bäumen sowie dem Blick auf den Genfer See und die Französischen Alpen.
Dieterdietz.org, die in Zürich und Lausanne Zweigstellen betreiben, nennen sich Plattform statt Architekturbüro. Namensgeber Dieter Dietz ist Professor an der EPFL in Lausanne, wo er das ALICE laboratory (Atelier de la conception de l’espace) leitet. Hier setzte er im Rahmen seiner Arbeit mit den Studenten ungewöhnliche Entwürfe für Holzrahmenbauten um.
Umgebaut wurde ein altes Presshaus; der Neubau, der sich typologisch an Scheunenbauten orientiert, wurde daneben positioniert. Insgesamt kommen die beiden Gebäude auf 701 m2 Bruttogrundfläche. Der Entwurf ist bewusst flexibel gehalten, so dass die Wohnhäuser in unterschiedlichen Konfigurationen bewohnt werden und auch als Arbeitsplatz genutzt werden können. Der Grundriss des neuen Wohnhauses ist dazu sehr offen gestaltet; hier befinden sich Gemeinschaftsflächen im oberen Geschoss, im Erdgeschoss sind Räume mit versetzbaren Wänden angeordnet, die auch als individuelle Zimmer genutzt werden können. Der Grundriss des Presshauses wirkt durch seine stärkere Aufteilung rigider. Es gibt auch hier im Erdgeschoss einen Gemeinschaftsraum, die oberen drei Zimmer sind wie kleine Studios angelegt, jeweils mit einem Badezimmer, eine kleine Küche kann nachgerüstet werden. Jedes Zimmer besitzt einen eigenen Treppenlauf, nach Aussage der Architekten eine Maßnahme, um den Einbau von Fluren zu vermeiden.
Beim alten Presshaus wurden markante Elemente des Tragwerks wie die Dachbalken oder die Decken aus Holz erhalten und durch die Umbaumaßnahmen hervorgehoben, etwa durch eine Gegenüberstellung mit neuen Holzelementen. Der Neubau ist ebenfalls so angelegt, dass das Stahltragwerk, das in Form der schrägen Dachflächen bis auf die Fundamente hinunterführt, den Entwurf dominiert. Die Dachflächen sind mit Solarzellen aus Nanofilm belegt, um Energie für Alt- und Neubau zu generieren.
Derzeit wird das alte Presshaus von einer Familie mit zwei Kindern vermietet und der Neubau von den Bauherren bewohnt. Etwa in fünf Jahren sollen Freunde und Familie einziehen, das Projekt ist für mindestens acht Paare ausgelegt. Wie sich das gemeinschaftliche Zusammenleben konkret gestaltet, wird sich also noch zeigen.
Fotos: Joel Tettamanti
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