Bäume sind ein beliebtes Entwurfsmotiv. Geläufig sind Gebäude, die um die bestehenden Stämme herum geplant sind oder explizit Aussparungen lassen. Weitaus seltener sind Bauten, bei denen Baumstämme als Bauelemente eingesetzt werden, wie es etwa bei der temporären Finlandia-Halle in Helsinki zu sehen ist. Ähnlich verhält es sich auch mit dem 2022 für den Projektentwickler Kikx Development fertiggestellten Wohngebäude von GAAGA in Eindhoven, wobei sich das Delfter Büro von der japanischen Praxis Shinrin-yoku inspirieren ließ. Dabei handelt es sich um sogenanntes Waldbaden, was in Japan eine anerkannte Therapieform ist. Entsprechend tauften die Architekt*innen ihr Projekt, das sich auf rund 6,5 Millionen Euro Baukosten beläuft, „Forest Bath“.
Beim Blick auf die Fotos könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich der viergeschossige Bau – passend zum Namen – auf einer weiten Lichtung im Wald befindet. Tatsächlich ist das Grundstück im Westen Eindhovens aber Teil des Stadtentwicklungsareals Bosrijk, für das Karres en Brands (Hilversum) 2004 einen Masterplan entworfen haben. Zuvor gehörte das 27 Hektar umfassende Gelände am Beatrix-Kanal unweit des Flughafens zum Militär. Heute versammeln sich dort auf grüner Wiese und zwischen Bäumen locker verteilt verschiedene Wohntypologien, vom Reihenhaus über pixelartige Ein- und Mehrfamilienhäuser bis hin zu einem kreisrunden Bau, wie man es von BIGs Wohnanlage in Aarhus kennt.
An der nördlichsten Spitze von Bosrijk steht mit dem quadratischen Neubau von GAAGA nun eine weitere Typologie. Auf insgesamt 2.800 Quadratmetern Bruttogrundfläche kommen aufgeteilt auf zwei parallele Riegel, Wohnungen mit Größen von 80 bis 143 Quadratmeter für 40 bis 50 Bewohner*innen unter. Mitten hindurch führt eine Gartenpassage, die mit Farnen, Kletterpflanzen und Nistkästen für Vögel durchsetzt ist. Mehrere Brücken überqueren diese offene Passage, die in heißen Sommern für kühlende Effekte sorgen soll. Gleiches gilt für die landschaftliche Gestaltung der bislang brachen Fläche um den Bau herum von MAAK space (Amersfoort), auf der künftig neue Kiefern, Ebereschen und Weißdorne angelegt werden.
Wenn das Grundstück dann einmal so dicht bewachsen sein wird, wie es der Lageplan verspricht, soll sich ein nahtloser Übergang von den Bäumen zu den Stämmen in der Fassade einstellen. Diese unterschiedlich geneigten Baumstützen tragen die umlaufenden, mehr als großzügigen Balkone. Verwendet wurden dazu Stämme des Eucalyptus cloeziana, die üblicherweise als Bauholz für Bahnschwellen oder im Bergbau zum Einsatz kommen. Die Verkleidung der Außenwände besteht derweil aus wiederverwendeten Holzlatten von Spundwänden.
Kreislaufgerechtigkeit und Wiederverwendbarkeit sind denn auch gewichtige Themen in der Projektbeschreibung der Architekt*innen. Mindestens 85 Prozent der verwendeten Materialien seien zirkulär und entsprechend nachwachsend, wiederverwertbar oder recycelt. Die Hauptkonstruktion besteht zwar aus Beton, ist aber weitestgehend demontierbar. Tragende Wände wurden konsequent von Ausfachungen, Zwischenwänden und Leitungen, die sich hinter abgehängten Decken verbergen, getrennt. Zudem sei mithilfe vorgefertigter Spannbetonelemente und Hohlkörperplatten im Vergleich zu Ortbetondecken 45 Prozent Beton eingespart worden. Angesichts einer durchaus beachtlichen Wohnfläche pro Kopf und der vollen Unterkellerung mit einer Parkgarage konnten aber längst nicht alle Prinzipien des kreislaufgerechten Bauens umgesetzt werden. (mh)
Fotos: Max Hart Nibbrig
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nur am | 12.05.2023 14:01 UhrMotzen
Ein Bisschen wie im Zoo.