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09.01.2024

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Quader auf Quader

Wohnungsbau bei Genf von Atelier Archiplein und Perraudin Architectes


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Seit Jahrtausenden gibt es repräsentative Bauten aus großformatigen Natursteinblöcken. Für einfache Wohnbauten kam diese Bauweise eher selten zum Einsatz. Und bis auf wenige Ausnahmen – man denke beispielsweise an Fernand Pouillon – entstanden in den letzten hundert Jahren kaum noch Bauten in dieser Technik. Im Umland von Genf zeigen nun Atelier Archiplein (Genf) und Perraudin Architectes (Lyon), dass massiver Naturstein auch im Wohnungsbau eine Zukunft haben könnte. Beim Arc Award 2023 gewann der Bau vergangenes Jahr eine Auszeichnung in der Kategorie Out of the Box.

In Plan-les-Ouates im Südwesten von Genf entstanden zwei Wohnblöcke mit insgesamt 68 Einheiten. Die Kubatur war bereits im Bebauungsplan vorgegeben, aber insbesondere durch ihre Materialwahl konnten die beiden Büros im Wettbewerb überzeugen. Die gesamte vertikale Tragstruktur besteht aus rund 10.000 Quadern im stolzen Format 190 mal 80 Zentimeter. Neben den tragenden Fassaden nehmen zwei weitere konzentrisch angeordnete Wandverbünde die Kräfte auf. Die Decken bestehen aus Beton. Die Konstruktion genügt dabei auch den Ansprüchen einer in der Region um Genf erhöhten seismischen Aktivität.

Architektonisch bedienen sich Archiplein und Perraudin einer einfachen Formensprache, die von einigen neoklassischen Details wie Gesimsen und negativen Ecken bereichert wird. Letztere können vor allem deshalb als neoklassisch interpretiert werden, da sie subtil dazu beitragen, die Geschossdecken balkenartig zu betonen. Die meisten Fenster wurden in stehendem Zuschnitt ausgeführt, aber in den Loggien finden sich auch großzügigere liegende Formate. Bei den Apartments handelt es sich sowohl um Sozial- als auch um vergünstige Eigentumswohnungen. Durch die im Inneren weitestgehend natürlich belassenen Oberflächen entsteht jedoch eine rundum hochwertige, ja fast luxuriöse Anmutung. Bei einer Nutzfläche von 12.500 Quadratmetern betrugen die Nettobaukosten rund 24 Millionen Euro.

Die Entscheidung für Kalkstein als primäres Baumaterial wurde sowohl mit Blick auf ökologische Fragestellungen als auch klimatische und atmosphärische Qualitäten der Räume getroffen. Im Vergleich zu einer reinen Betonkonstruktion konnte der CO2-Ausstoß erheblich reduziert werden. Die Speicherfähigkeit der massiven Wände sorgt auch im Hochsommer für kühle Innenräume. Die visuell homogene Wirkung des Steingefüges täuscht übrigens. Tatsächlich handelt es sich um drei Steinsorten, die unter Berücksichtigung verschiedener Anforderungen  eingesetzt wurden. (sb)

Fotos: Leo Fabrizio


Zum Thema:

In unserer Baunetzwoche#351 ist eine Rezension zum Buch „The Stones of Fernand Pouillon“ zu finden.


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Kommentare

7

joscic | 12.01.2024 18:11 Uhr

Das ist die Zukunft in neoklassi(zisti)schem Gewand

Es ist Aufgabe des Architekten, immer die einfachste und klarste Lösung zu finden. Und das naheliegende ist oft so schwer zu sehen, wie in diesem Fall: Statt Kalkstein zu Zement zu verarbeiten und dabei viel CO2 zu erzeugen, gleich als Baumaterial verwenden.
Die Qualität der Gestaltung entspricht dem.

6

peter | 10.01.2024 12:23 Uhr

eine 25-30cm dicke Innenwand

wäre mir allemal lieber als eine wackelige 10cm dicke gipsplatte. vielleicht hören wir mal mit dem flexibilitätswahn auf und bauen häuser für die nächsten hundert jahre. das wäre dann auch wieder nachhaltig.

5

VCG | 10.01.2024 10:39 Uhr

Mich

verblüfft immer wieder aus deutscher Sicht: wie haben die das gemacht? Wie geht das mit der Wärmedämmung? Aus den Plänen meine ich erkennen zu können, dass eine innenliegende Schicht vor den Natursteinaußenwänden liegt. Was ist das? Auf den Bildern leider nicht zu erkennen.

Und wie lagert die Decke auf den Außenwänden auf? Im Schnitt im letzten Bild sieht man, dass die Decke kurz vor der Wand endet, die Außenwand dort ausgespart ist (wie geht der Lastabtrag in der Wand?), vermutlich ist die Deckenstirn dort gedämmt.

Und wie haben sie die Elektro-Installationen in den Natursteinwänden realisiert? Auf einem Foto ist eine Steckdose im Naturstein zu entdecken. Man kann da ja schlecht schlitzen. Und wie sieht es nach ein paar Jahren aus, wenn die Bewohner in die Wände gebohrt und genagelt haben? Kann man das gut zuspachteln?
Fragen über Fragen.

Interessant jedenfalls das Werk der beiden Architekturbüros, die offensichtlich öfter mit Naturstein arbeiten:
archiplein.com/
atelierperraudin.com/

4

Sieben | 10.01.2024 09:59 Uhr

Naturstein

Naturstein scheint mir das nachhaltigste Baumaterial überhaupt zu sein - was man an 2500 Jahre alten Gebäuden sehen kann.
Allerdings hat man damals mit den einfachen zur Verfügung stehenden Mitteln den Stein schon wesentlich präziser bearbeitet und die Blöcke ohne Mörtel (den gab es ja noch nicht) zusammen gefügt. Bei entsprechender Sorgfalt könnte man heute beim aktuellen Projekt den "rumpeligen" Eindruck innen vermeiden.

3

STE78 | 09.01.2024 18:32 Uhr

@#1

"auch ein architekt" sind Sie auch Koordinator für Nachhaltiges Bauen und erstellen detaillierte Ökobilanzen?
Ich kann mir gut vorstellen, dass man den Kalkstein in der Nähe der Baustelle (Umkreis bis 50 km) bricht, zuschneidet und zur Baustelle transportiert.
Auch den Kalk für den Zement bzw. den Beton müsste man zur Baustelle transportieren. Den Kalk vorher energie- und CO2- aufwändig zu Zement umwandeln. Zuschläge ausheben, aufbearbeiten und transportieren. Schalungen aus Holz- oder Kunststoffen herstellen. Dann noch der Stahl für die Bewehrungseisen...

Ich glaube dem Autor / den Architekten in diesem Fall und stelle Ihre Kritik hiermit in Frage.
Sind Sie eventuell aufgrund vorheriger Kommentare persönlich etwas gekränkt?

Allerdings finde ich die Grundrisse dieses Wohnungsbaus, im Vergleich zu denen des "runden Zackenbarsches" von vergangener Woche hier im Baunetz, absolut überzeugend.

Bravo, ein sehr gelungenes Projekt!
Viele Grüße.

2

Sebastian Illichmann | 09.01.2024 17:52 Uhr

Schon

ein wenig sehr streng und klassizistisch. Und die Kalksteinblöcke im Inneren... na ja. Unkonventionell ist es ja, und hat auch so eine Tempelhafte Anmutung. Aber zugleich wirkt eine 25-30cm dicke Innenwand irgendwie nicht richtig.

1

auch ein | 09.01.2024 16:16 Uhr

architekt

"Die Entscheidung für Kalkstein als primäres Baumaterial wurde sowohl mit Blick auf ökologische Fragestellungen als auch klimatische und atmosphärische Qualitäten der Räume getroffen"

DIE bilanz würde ich gerne sehen! diese riesenblöcke irgendwo hauen, zuschneiden, schleifen, passend machen UND transportieren....
hier hätte man es, statisch ebenso gut, auch mit recycling-beton versuchen können.passemd gegossen, kurze wege.

 
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