Das Anfang 2023 fertiggestellte kleine Wohnquartier am Mühltorplatz im auf der Schwäbischen Alb gelegenen Balingen erhielt bereits viel Lob. Unter anderem freut es sich über eine Anerkennung unter den Wohnbauten des Jahres 2023 oder eine Auszeichnung im aktuellen Hugo-Häring-Preis 2023/24. Gemeinsam mit der Bauherrin, der Wohnbaugenossenschaft Balingen, hätten nbundm* architekten mit dem Projekt „zeitgemäße Stadtgeschichtsschreibung“ betrieben, wie es beim vom Callwey Verlag verliehenen Wohnbauten-Award hieß. Das Büro gewann 2014 zusammen mit OK Landschaft (beide München) den damaligen Realisierungswettbewerb und übernahm anschließend die Leistungsphasen 1 bis 5 sowie die künstlerische Oberleitung in der Leistungsphase 8.
Mit der neuen Bebauung wurde eine ehemalige Brache am Ufer des Flusses Eyach geschlossen. Das Areal und frühere Gerberviertel trägt heute den Namen „Klein Venedig“. Dort trifft das noch fragmentarisch vorhandene mittelalterliche Stadtgefüge auf das nach einem Großbrand 1809 im Stil einer klassizistischen Planstadt neu angelegte Zentrum mit seinen rechtwinkligen Straßenverläufen. Ziel des Entwurfs sei es gewesen, „die historischen Strukturen und die Geschichte Balingens herauszuarbeiten und identitätsstiftend erlebbar zu machen“, erklären die Architekt*innen. Auch bei einem Lückenschluss in Ingolstadt hatten sie schon entsprechendes Fingerspitzengefühl bewiesen.
Entstanden sind vier Stadthäuser mit insgesamt 22 Wohnungen und ein öffentlicher Anger. An dessen östlichem Ende zeichnet die Wegführung den einstigen Verlauf des Mühlbaches nach und kulminiert in einer Treppe mit Sitzstufen, die hinunter zum Wasser führt. Die Neubauten erinnern mit Gebäudevolumen und Form an die historischen Gerberhäuser, die diesen Teil Balingens früher prägten. Zwei von ihnen orientieren sich giebelständig zum Fluss, einer besetzt den einstigen Standort einer Mühle, der vierte ist als Anbau ausgeführt und schließt das Ensemble dort ab, wo ursprünglich die innere Stadtmauer verlief.
Die vier Wohnhäuser, charakterisiert durch spitze, teils asymmetrische Giebeldächer, sind aus massiven Dämmziegeln gemauert und verputzt. Die Dachgeschosse wurden in Zimmermannsbauweise errichtet. Eine einheitliche, dezente Farbgebung fungiert als verbindendes Element, rote Markisen setzen einen kräftigen Akzent. Sie verschatten Loggien, die an den Gebäudeecken als „grüne Zimmer“ konzipiert wurden. (da)
Fotos: Sebastian Schels
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50667 | 26.01.2024 08:54 UhrZeitlos schönes Projekt....
...mit viel Einfühlungsvermögen in der Ort, guter Materialität und spannungsvollen Außenräumen...solche Projekte machen die Welt ein bischen lebenswerter......