Das Vertical Glass House wurde 1991 als Eingangspavillon für den jährlichen Wohnhauswettbewerb des Japan Architect Magazine von Yung Ho Chang entworfen, nun hat es das Pekinger Atelier FCJZ 22 Jahre später realisiert. Mit dem Ehrgeiz, am Originalentwurf nichts zu verändern, wurde das Gebäude an der Longteng Road in Shanghai 2013 für die West Bund Biennale of Architecture als dauerhaftes Wohnobjekt für Künstler und Architekten eröffnet.
Der 160 Quadratmeter große Beton-Kubus beherbergt hinter seinen geschlossenen Fassaden vier Geschosse mit jeweils 40 Quadratmeter Grundfläche, die durch gläserne Böden zu einem großen Wohnraum verbunden werden. Für potentielle Einwohner bedeutet das: Man wohnt hier am besten allein, denn abtrennbare Rückzugsräume gibt es nicht. Die Geschosse sind lediglich durch eine vertikal ausgerichtete Stütze sowie eine Spindeltreppe miteinander verbunden. Von der Hauptstütze ausgehend, teilen vier horizontale Stahlbalken das jeweilige Geschoss in vier gleichgroße Abschnitte. Auf diese Weise wird jedem Abschnitt des Raumes eine Funktion zugewiesen: das Bett, der Küchentisch oder auch das offene Bad. Alle Möbel sind spezielle Anfertigungen und sollen eine Einheit mit der Architektur bilden. Die Blickverhältnisse im Vertical Glass House sind uneingeschränkt: Man kann quasi von der Toilette zum Bett schauen – und umgekehrt.
Das Haus öffnet sich nur vertikal, und zwar „zum Himmel und zur Erde“, wie die Architekten beschreiben. Das vertikale Prinzip der Öffnungen soll den Bewohner zu einem meditativen Prozess verleiten. Überhaupt sprechen die Architekten im Zusammenhang mit dem Vertical Glass House von Mystik, die durch Yung Ho Changs besonderen Umgang mit Licht entsteht. Auch Passanten können sich davon einnehmen lassen.
Die rohen Betonwände werden auf jeder Ebene durch sieben Zentimeter breite Schlitze unterbrochen, aus denen geheimnisvoll die Bodenglasplatten herausblicken. Betrachtet man die grobe Betonverschalung der Fassaden, wirkt das Gebäude von außen zwar wie ein unnahbarer Klotz, der sich einem Bunker ähnlich von der Welt abschottet, in seinem lichten Inneren überrascht das Vertical Glass House jedoch mit einer friedlichen Offenheit. (pg)
Fotos und Pläne: Courtesy Atelier FCJZ
Zum Thema:
Auch schön: Ein Glaspavillon von Atelier FCJZ bei BauNetz-Wissen
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michael haag | 03.04.2014 07:25 Uhreinfach, gut
auf die Gefahr hin, dass mich die Hadidianer jetzt für meinen Hang zur unverspielten Klarheit hassen und mich in ein irakisches Einkaufsnetz hüllen (kleiner Seitenhieb auf die Meldung vom 31. März zum "verwachsenen Alien"), sag ich jetzt einfach mal: geiles Teil! Und kommt mir jetzt nicht wieder mit Arbeitsstättenrichtlinien für Rockträgerinnen (à la baunetzmeldung vom 26. März "Striptease in Glas"), dies ist ein privates Wohnobjekt...