Es dürfte nur wenige Architekt*innen geben, die ihre Entwürfe als Anhang in einem Theoriebuch des Bielefelder Wissenschaftsverlags transcript zeigen. Allein die magere Bildqualität dieser Bücher, die auf das geschriebene Wort setzen, spricht dagegen. Bei Jörn Köppler ist das anders. Er rundete sein 2016 erschienenes Buch Die Poetik des Bauens mit einem 30-seitigen Kapitel ab, in dem er Bauten und Projekte seines Büros Köppler Türk Architekten, das er zusammen mit seiner Frau Annette Köppler-Türk in Potsdam führt, zeigte.
Mutig ist die Konfrontation des eigenen Werks mit dem geschriebenen Wort auch deswegen, weil Köpplers Bücher anspruchsvolle philosophische Streifzüge durch Architektur und ästhetische Theorie sind, die ob ihres sprachlichen Duktus nicht unbedingt leicht lesbar sind. „Was ist der Sinngehalt modernen Bauens?“ fragt Köppler kritisch, um auf die Unhintergehbarkeit der Poesie für das Bauen zu pochen. Er weise auf eine „aus der Erfahrung der Schönheit begründete, sinnbestimmte Architektur hin, die auch heute noch das Bedürfnis des Menschen nach geistiger Heimat erfüllen kann“, heißt es im Klappentext seines ersten Buches, das bereits 2010 erschienen ist.
Man muss den Abgleich von Architektur und Theorie nicht überstrapazieren, aber interessant ist es doch, sich vor dem hier skizzierten Hintergrund ein aktuelles Projekt des Potsdamer Büros anzusehen. Der Umbau samt Aufstockung eines schlichten Hauses in Potsdam-Babelsberg aus den frühen 1930er Jahren wurde im Frühling diesen Jahres fertiggestellt. Circa 250 Quadratmeter Wohnfläche und einen gelungenen neuen Bezug zum Garten weist das Haus nach dem Umbau auf.
Das Bauprojekt erfolgte in Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde, da es für das Planungsgebiet eine Erhaltungssatzung gibt, die unter anderem vorschreibt, dass die Grundfläche des Gebäudes nicht vergrößert werden durfte. Seine äußere Hülle wurde jedoch komplett verändert. Hier dominieren nun französische Fenster mit Eichenholzstürzen. Die gedoppelten, vorgelagerten Holzstützen im Dachbereich zeigen die Aufstockung an.
Substanziell eingegriffen wurde im Innenbereich, der glücklicherweise nur über eine tragende Innenwand verfügte, wie die Architekt*innen schreiben. Diese wurde entfernt und durch eine „das Haus strukturierende Stützenvierung“ ersetzt, wodurch das zuvor ziemlich verbaute Gebäude eine völlig neue Offenheit gewann. Die Knicklänge sowie die hohen Lasten auf den Holzstützen erforderten es, dass diese auf 80 Zentimeter hohe Stahlbetonpostamente gesetzt werden mussten. Offenheit zur Natur schufen die Architekt*innen außerdem durch das Absenken eines Teils des Wohnzimmers, wodurch eine direkte Anbindung zum Garten entstand. (gh)
Fotos: Mila Hacke
Zum Thema:
Köpplers Bücher Sinn und Krise moderner Architektur (2010) und Die Poetik des Bauens (2016) sind im Bielefelder transcript Verlag erschienen.
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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STPH | 14.10.2021 08:04 UhrMaterialbezug
Schönes Beispiel einer Vorführung elementarer Materialien und das im historischen Bau.
Jetzt noch der modern- abstrakten direkten Konfrontation von einem selbst mit der Materie, der 2, sich bewusstwerden und schon kann man in dieser Spannung weiter und ganz neues erarbeiten. Wie kann man diese Materialien und damit dieses direkte Verhältnis freisetzen. Die Bewusstwerdung bringt hier weiter.
Moderne will die Entkoppelung des Materialbezugs von der Form und der Funktion, unmittelbar, spürbar.
Eine Collage aus Form, Funktion und Materie, analysierend getrennt und synthetisch wieder zusammengesetzt. Unser Kopf will das, spielt so mit seinen Wahrnehmungsdimensionen, der Entfremdung als transzendenter Dimension.
Ein Haus ganz aus....