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06.08.2021

Auf dem Beton von gestern

Wohnhaus von Studio Noun in der Ostschweiz


Nein, Holzbauten mit großen Satteldach-Hüten sind in Obertoggenburg in der Ostschweiz sicher kein seltener Anblick. Das schroffe Gebirgstal, das sich zwischen dem Säntismassiv im Norden und den Churfirsten im Süden durchzieht, scheint auf ganzer Länge gesprenkelt mit kleinen Heustadeln, die sich hier und dort zu Dörfern verdichten. Am nördlichen Rand des Tals haben die jungen Architekten von Studio Noun (Zürich) ihr erstes Projekt realisiert, das sich unauffällig in die traditionelle Bergkulisse einfügt. Dass es sich um ein modernes Wohnhaus handelt, wird erst auf den zweiten Blick sichtbar.

Eine Familie hatte hier, oberhalb des Ortes, ein alleinstehendes, einfaches Haus aus den 1970ern gekauft. Die vorbeiführende Straße endet ein paar hundert Meter weiter an einem Wanderparkplatz, von wo es nur noch zu Fuß auf den Säntis oder den Stockberg geht. Mit der Familie zusammen entschieden die Architekten, die Obergeschosse vollständig in Holzbauweise zu ersetzen, die stabile Struktur der Untergeschosse im steilen Gelände aber zu bewahren und lediglich neu zu verbinden. So orientiert sich der Neubau zwangsläufig an den Maßen seines Vorgängers.

Die Orientierung wiederum ergibt sich aus der Topographie und Lage: Das Gelände fällt nach Südenwesten steil ab. So ist von oben nur das Dach des Hauses zu sehen, von der Straße aber beide Wohngeschosse sowie die beiden darunter liegenden Untergeschosse, in denen Neben- und Lagerräume untergebracht wurden. Die Doppelgarage nimmt das unterste Geschoss ein. Die Diele bildet in den beiden Wohnetagen einen auf ganzer Höhe offenen Bewegungsraum, der die Dimension des Innenraums erlebbar macht. Ein zentraler Speicherofen beheizt das Haus.

Ab der Bodenplatte des Erdgeschosses ist das Haus ein massiver Holzbau. Roh- und Ausbau sind komplett leimfrei aus lokalem Holz konstruiert, die Bauteile wurden weitgehend im Werk mit CNC-Maschinen vorgefertigt. Fassadenverkleidung und Bodenriemen stammen aus nahegelegenen Wäldern, wurden in der örtlichen Sägerei verarbeitet. Die rund 40 Zentimeter starken Außenwände bestehen aus Massivholzelementen, die dämmen und tragen. Innen sind diese Elemente sichtbar, außen wurde eine hinterlüftete Holzverschalung vor die Wände gesetzt. Decken- und Dachelemente sind aus verdübelten Brettstapelelementen. „Wir wollten mit diesem Projekt ausloten“, schreibt Studio Noun, „was mit dem aktuellen Stand der Technik im Massivholzbau ohne den Einsatz von Klebstoffen möglich ist.“ In jedem Fall ist der Holzbau hier deutlich moderner als der Betonbau – auch wenn das auf den ersten Blick nicht zu sehen ist. (fh)

Fotos: Zsigmond Toth


Zum Thema:

Mehr zum aktuellen Holzbau in der BAUNETZWOCHE#579 „Hoffnung Holz“


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