Klares Konzept, ausdrucksstarke Ästhetik, ökologisch und sozial nachhaltig: Nachdem Pedevilla Architects (Bruneck) zuletzt mit einem Alpenhotel und zwei markanten Feuerwachen in Vierschach sowie in Sand in Taufers überzeugten, stellten sie nun mit ihrem Ciasa ein hochalpin anmutendes Wohnhaus im Südtiroler Ort St. Vigil fertig. Der Neubau gehört der Betreiberfamilie des benachbarten Hotels Bad Cortina.
Der Begriff Ciasa ist rätoromanisch und steht schlicht für „Haus“. Genau das war den Architekt*innen zufolge auch der Ausgangspunkt für den Entwurf: ein archaisches Haus aus dem Gadertal. Typischerweise verschwimmen bei diesem Typ die Grenzen zwischen Fassade und Dach. In ihrem aktuellen Projekt interpretieren sie diese Eigenschaft konsequent in einer zeitgenössischen Formensprache. Die sanfte Dachschräge beginnt zwar schon im ersten Stock. Die großen, teilweise über zwei Etagen reichenden Gauben wirken dieser Bewegung aber entgegen. Bestimmende Form ist das Trapez, das sich am Dach, den Gauben und im Eingangsbereich finden lässt. Wie ein Tannenzapfen ist das dreistöckige Gebäude mit handgespaltenen Lärchenschindeln verkleidet. Lärchenholz ist auch ohne Behandlung witterungsbeständig – der Charakter der Erscheinung wird sich im Laufe der Zeit ändern, aber an Charme wahrscheinlich eher noch gewinnen.
Geradezu vorbildlich erfüllt das Haus Ansprüche an nachhaltiges regionales Bauen: Für die oberirdischen Geschosse griffen die Architekt*innen auf Holz von Bäumen zurück, die bei einem heftigen Unwetter am 30. Oktober 2018 in den umliegenden Wäldern gefallen waren. Konstruktiv kam Fichte zum Einsatz, wobei es die Wandstärke erlaubte, ohne zusätzliche Dämmung auszukommen. Der Ausbau im Inneren erfolgte mit Holz der Zirbelkiefer, während die Zusätze des Betons des Untergeschosses aus Dolomitgestein besteht. Auch der Stein der Böden und Bäder ist aus Findlingen der umliegenden Berge geschnitten. Alles in allem konnten die Transportwege so auf ein Minimum reduziert werden.
Neben ökologischen berücksichtigten Pedevilla Architects auch soziale und kulturelle Aspekte: Errichtet ist das Haus von Handwerkern aus dem Gadertal, die ihr Wissen einbrachten. Zum Beispiel sind die Wände ohne Verwendung von Klebern und Harzen gefügt. Damit wollen die Architekten auch dazu beitragen, dass jahrhundertealtes Wissen der Region bewahrt bleibt, das von der zunehmenden Standardisierung am Bau bedroht ist. (stu)
Fotos: Gustav Willeit
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AdrianF | 04.02.2020 14:23 Uhr...
Einfach schön!