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12.05.2023

Wehrhafter Kubus

Wohnhaus von Ludwig Godefroy Architecture in Mexiko


Der mexikanisch-belgische Architekt Ludwig Godefroy hat sich seit Gründung seines Studios 2011 eine Position erarbeitet, wie sie sich viele seiner Kolleg*innen noch immer wünschen dürften. Er verwirklicht kompromisslose Bauten in Beton, die gekonnt zwischen später Moderne und stilbewusster Gegenwart changieren. Natürlich denkt man an Le Corbusier, betrachtet man sein jüngstes Projekt – ein Wochenendhaus nicht weit von Mexico-Stadt, wo das Büro Ludwig Godefroy Architecture seinen Sitz hat. Aber spätestens im Schnitt kann man durchaus auch Einflüsse von Rem Koolhaas erkennen, für den Godefroy neben Tatiana Bilbao oder Miralles Tagliabue auch schon gearbeitet hat.

Der graue Neubau namens Casa Alférez ist als wehrhafter Kubus konzipiert, der mit wenig Bodenkontakt in einem lichten Wäldchen gelandet ist. Zwischen den Pinien ist eine klar neobrutalistische Architektur zu sehen, und das könnte auch in diesem Fall zu Vergleichen mit militärischen Bauwerken verleiten – eine Assoziation, die nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Was allerdings mit der Strenge bricht, sind zahlreiche kantige Extensionen, die den Fassaden einen fast schon reliefartigen Charakter geben. Insbesondere die Dachentwässerung zeigt einen feinen Humor. Und das Stützenwerk kommt vielwinkelig auf dem erdigen Boden an. Die vordergründige Solidität der Architektur bekommt dadurch auch ein unstetes Element. Bei einer Kantenlänge von gerade mal neun Metern ist der Kubus im Übrigen kompakter als es sein imposantes Äußeres zunächst glauben lässt.

Godefroy selbst betont den schützenden Charakter des Hauses. Dieses ist relativ einsam situiert und wer die Sicherheitslage in Mexiko kennt, der weiß, dass das Thema ein dringliches ist. Gerade im Erdgeschoss gibt es neben der Tür deshalb nur eine weitere Öffnung, die sich mit einem massiven Schiebeelement komplett verschließen lässt. Ansonsten dringen nur wenige Sonnenstrahlen durch Oberlichter bis zum hölzernen Grund des Kubus. Neben einem wohnzimmerartigen Bereich gibt es hier noch zwei abgeschlossene, ebenfalls nur indirekt belichtete Schlafzimmer. Auch den oberen Teil des Gebäudes erhellen nur wenige, aber präzise gesetzte Öffnungen.

Über dem Zugangsgeschoss entfaltet sich das übrige Haus als offener Raum, in den eine Folge von Halbgeschossen eingehängt sind. Verbunden werden sie durch eine frei geführte Treppe über die Plattformen hinweg, was im Schnitt entfernt an die inzwischen fast schon klassischen Bibliotheks- und Botschaftsentwürfe von OMA erinnert. Als Gegenpol zum introvertierten Inneren endet der mäandernde Weg durch das Volumen schließlich auf einer Dachterrasse zwischen den dichten Baumwipfeln. Getragen werden die Plattformen dabei von weiteren schrägen Stützen ebenso wie von unregelmäßig gesetzten Wandscheiben, was das Haus endgültig zu einer extravaganten Komposition macht. (sb)

Foto: Rory Gardiner


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